Gräfelfing:Umstrittener Bebauungsplan

Gräfelfings SPD scheitert bei Versuch, Vorgaben überprüfen zu lassen. Bürgermeisterin Wüst sagt, die Mängel seien behoben

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Gemeinde Gräfelfing wird den umstrittenen Bebauungsplan 1J, der das Gebiet rund um die Steinkirchner Straße umfasst und der in den letzten Zügen der Überarbeitung liegt, nicht von einer Anwaltskanzlei auf seine Rechtstauglichkeit überprüfen lassen. Das beschloss der Bauausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag. Einen entsprechenden Antrag hatte die SPD-Fraktion im Gräfelfinger Ausschuss gestellt. Da der Bebauungsplan 2012 vom Verwaltungsgericht für ungültig erklärt worden war und weil auch gegen die jetzige überarbeitete Version viele Bürger Einspruch eingelegt hätten, falle der "Schatten der Rechtsunsicherheit" auf die Gartenstadt, argumentierte Ralf Brandtner (SPD). Er sieht die Gefahr einer "endlosen Prozesskette" auf Gräfelfing zukommen.

Die SPD steht mit ihren Zweifeln alleine da: ihr Antrag erhielt genau eine Stimme - die von SPD-Gemeinderat Franz Lang. Es war eine "absurde Situation", die sich am Donnerstag in der Sitzung bot, wie Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing) im Nachhinein kommentierte. Lang ist stimmberechtigtes Mitglied des Bauausschusses, Fraktionskollege Ralf Brandtner war nur Gast, führte aber das Wort - Lang hob die Hand. Brandtner hat sich tief ins Gräfelfinger Baurecht eingearbeitet. Seine Kritik an den Bebauungsplänen der Kommune hat ihn überhaupt erst zum Kommunalpolitiker gemacht, wie er einst selbst sagte - zunächst in der Anliegerinitiative Gartengemeinde, jetzt in der SPD, zu der er im Zuge der letzten Kommunalwahl wechselte, sein Spezialthema im Gepäck.

Die jetzige SPD-Fraktion kritisiert immer wieder das degressive Baurecht, das nur in Gräfelfing gilt und das sie in Teilen als ungerecht erachtet. So steigt das Baurecht ab einer bestimmten Grundstücksgröße nicht mehr linear an, sondern sinkt moderat. So soll die lockere Bebauung der Gartenstadt bewahrt bleiben. In Gräfelfing gilt das weithin als große Errungenschaft. Auch im Plan 1J gilt dieses Prinzip, es wurden jedoch Fehler gemacht, weshalb das Gericht ihn für ungültig erklärt hatte.

Wüst stellte klar, dass die vom Gericht beklagten Mängel im Plan nun behoben seien. Außerdem werde der Prozess von Experten und nicht zuletzt von einer auf Baurecht spezialisierten Anwaltskanzlei begleitet. Sie betonte, dass die Gemeinde mit dem Plan ein städtebauliches Ziel verfolge, nämlich eine übermäßige Nachverdichtung zu vermeiden. Gleichzeitig wünschen Eigentümer größtmögliches Baurecht. "Beides lässt sich oft nicht unter einen Hut bringen", sagt sie zur SZ. Die Gemeinde muss beide Interessen abwägen und zu einer gerechten Entscheidung gelangen, ein eindeutiges "richtig" oder "falsch" gebe es nicht. Florian Ernstberger, Gemeinderat vom Bürgerverein Gräfelfing-Lochham und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, betonte, dass auch eine Kanzlei keine Rechtssicherheit geben könne. Es sei nicht gesagt, dass ein Gericht dann zum selben Ergebnis komme. Frank Sommer, Fraktionssprecher der Grünen/Unabhängige Liste kritisierte die Haltung der SPD: sie "meckere" gegen das degressive Baurecht, bleibe eine Alternative jedoch schuldig, sagt er zur SZ. Am Donnerstag stand die Behandlung der Einsprüche des Bebauungsplans 1J ebenfalls auf der Tagesordnung. An die drei Stunden dauerte der Abwägungsprozess zwischen Gemeinde- und Eigentümerinteressen, rund 300 Seiten Dokumente waren durchzuarbeiten. "Ich habe ein gutes Gefühl", zog Wüst Bilanz. Der Plan wird voraussichtlich Anfang Oktober erneut öffentlich ausgelegt. Bis 21. Dezember muss er als Satzung beschlossen sein.

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