Gräfelfing:Protest gegen eine Idee

Die Bewohner der Heitmeiersiedlung wehren sich dagegen, dass ihr Viertel massiv nachverdichtet wird. Mit den anvisierten 250 neuen Wohnungen würde sich die Einwohnerzahl mehr als verdreifachen

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Anwohner der Heitmeiersiedlung in Gräfelfing protestieren vehement gegen eine umfassende Erweiterung ihres Wohnquartiers. Zahlreiche E-Mails, in denen das Entsetzen über Pläne zum Bau von 250 neuen Wohnungen zum Ausdruck kommt, erreichten Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing) um den Jahreswechsel. Nachdem eine erste Idee zur Erweiterung der Siedlung vor Weihnachten im Bauausschuss vorgestellt worden war, hatte der Gräfelfinger SPD-Ortsverein ein Flugblatt mit Informationen zum Projekt an alle Haushalte der Siedlung verteilt. Am Dienstagabend äußerten rund 20 Anwohner ihre Bedenken bei einem privat organisierten Treffen.

Die Gemeinde sucht nach Flächen, um bezahlbaren Wohnraum zu realisieren, die Heitmeiersiedlung bietet ihrer Ansicht nach Möglichkeiten dafür. An zwei Seiten ist das kleine Siedlungs-Anhängsel nördlich der Autobahn, kurz vor der Stadtgrenze zu Pasing, von Ackerland und Wiese umgeben. Entlang der Starnberger Straße, am östlichen Siedlungsrand, wäre eine Erweiterung um 37 000 Quadratmeter Fläche möglich, so legte es der Architekt vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum in der Sitzung des Bauausschusses dar. Dort könnte Wohnraum für rund 900 Einwohner entstehen - also für mehr als doppelt so viele wie die etwa 400, die derzeit in der Siedlung leben.

Gräfelfing: Begehrte Lage für Familien: ein Neubauviertel in Gräfelfing bei München. Im Südwesten der bayerischen Landeshauptstadt wohnen auch viele Gutverdiener, entsprechend hoch sind Boden- und Immobilienpreise.

Begehrte Lage für Familien: ein Neubauviertel in Gräfelfing bei München. Im Südwesten der bayerischen Landeshauptstadt wohnen auch viele Gutverdiener, entsprechend hoch sind Boden- und Immobilienpreise.

(Foto: Catherina Hess)

Die SPD kritisierte in ihrem Flugblatt an die Anwohner das "massive Bauprojekt". Es würde mit sich bringen, dass "auf einen Schlag" die Einwohnerzahl auf 1300 Bewohner anwachsen würde. Die SPD kritisiert außerdem die Flächenversiegelung im Naherholungsraum. "Das Ausmaß des geplanten Mammutprojekts" empöre die Anwohner und auch viele andere Bürger. "Wir wollten die Anlieger informieren", erklärte Dieter Horch, Vorsitzender des Ortsverbands und selbst Anwohner der Heitmeiersiedlung, die Motivation für das Flugblatt.

Mit einigen Details hat es die SPD bei ihrer Aufklärungskampagne jedoch nicht so genau genommen. So ist das Projekt noch keineswegs beschlossene Sache, auch wenn es sich so liest, als sei die Planung in vollem Gange. Es handelt sich vielmehr um eine erste Idee, die zeigt, was maximal möglich wäre und wie es aussehen könnte - so war der Tagesordnungspunkt in der Bauausschuss-Sitzung auch angekündigt worden. Auch solle die Siedlung Schritt für Schritt wachsen. Zunächst könnten 25 Wohnungen realisiert werden, sagte die Bürgermeisterin in der Sitzung.

Gräfelfing: Das Bauprojekt in Nähe der Heitmeiersiedlung ist zwar vorerst nur ein Vorschlag, doch die SPD macht bei diesem Protest mit.

Das Bauprojekt in Nähe der Heitmeiersiedlung ist zwar vorerst nur ein Vorschlag, doch die SPD macht bei diesem Protest mit.

(Foto: Catherina Hess)

Aus vielen Protest-Mails an die Bürgermeisterin und auch beim Bewohnertreffen am Dienstagabend wurde deutlich, dass sich viele Bewohner der Heitmeiersiedlung abgehängt fühlen. "Die Gartenstadt findet woanders statt", fasste Horch den Tenor der Versammlung zusammen. Während westlich der Würm und jenseits der Autobahn die großen Gärten bewahrt würden, werde den Bewohner der Heitmeiersiedlung ein "Hammerprojekt" vor die Nase gesetzt. Aus allen Nachteilen der Siedlung - an zwei Seiten tobt der Verkehr, sowohl auf der Autobahn als auch auf der Pasinger Straße - werde ein Vorteil gemacht, kritisierte Horch. Jetzt werde die ideale Verkehrsanbindung gelobt. "Das ist hanebüchen."

Bürgermeisterin Wüst findet es hingegen "unschön", dass die SPD die Debatte nicht im Gemeinderat führe, sondern sich direkt an den Bürger wende und "Stimmung macht". Die Gemeinde untersuche auch andere Standorte, um Wohnraum zu schaffen, etwa auf dem Doemensgelände an der Stefanusstraße, an der Würmtalstraße und auf der Ostseite des Jahnplatzes. In diesen Tagen schickt die Gemeinde einen Brief an alle Anwohner und will darin die zahlreichen Bürgerfragen beantworten. Die Bürgermeisterin kündigte zudem eine öffentliche Versammlung zum Thema Wohnraum in Gräfelfing an.

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