Gräfelfing:Ohne Nachwuchs keine Babys

Die Geburtshilfeabteilung der Wolfart-Klinik muss schließen

Die Geburtshilfeabteilung der Wolfart-Klinik in Gräfelfing schließt ihre Türen. Schon in einem halben Jahr, Ende September, sollen keine Entbindungen mehr stattfinden. Damit neigt sich eine mehr als 60 Jahre währende Tradition dem Ende zu.

Pro Jahr kamen rund 700 Babys in der Klinik zur Welt; viele schwangere Frauen schätzen die intime Atmosphäre des Krankenhauses an der Waldstraße und die Möglichkeit, bei ihrem vertrauten Frauenarzt zu entbinden - die Geburtshilfeabteilung arbeitet ausschließlich mit Belegärzten. Nun hat die Klinikleitung die Belegschaft über die bevorstehende Schließung informiert.

Mit dem Aus für die Geburtshilfeabteilung in Gräfelfing setzt sich ein Trend fort, der auch in anderen Teilen Bayerns und auch bundesweit zu beobachten ist. So zeichnen sich, auch in der Politik, vielerorts Bestrebungen ab, die Geburtshilfe in große Zentren mit wenigstens 2000 Geburten pro Jahr zu verlegen, sagt Florian Wolfart, einer der Geschäftsführer der Klinik. Zudem mangelt es in kleineren Krankenhäusern, die mit Beleghebammen und -ärzten arbeiten, an Nachwuchs; der Job lohnt sich für viele finanziell Fachkräfte kaum mehr. In Gräfelfing ist es der drohende Ärztemangel, der zur Abteilungsschließung führt.

Belegärzte, die Geburtshilfe praktizieren, sind mit massiven Prämiensteigerungen in der Haftpflichtversicherung konfrontiert, erklärte Florian Wolfart. Für Geburtsschäden können Ärzte haftbar gemacht werden; für neue Policen fallen Prämien von mindestens 40 000 Euro im Jahr an, so der Klinikchef - um allein diese Belastung abzudecken, müsse ein Arzt mehr als 100 Geburten im Jahr betreuen: "Das führt dazu, dass wir keinen Nachwuchs an Belegärzten mehr haben, denn das tut sich keiner an."

Die Gefahr, dass Belegärzte in der Geburtshilfe das Handtuch werfen, ist der Klinik schon lange bewusst, nun wird sie ganz konkret. Demnächst falle ein wichtiger Belegarzt in Gräfelfing aus, "der Trend wird sich zügig fortsetzen", sagte Wolfart. Die Klinik wird nach seinen Worten dann schnell in die Situation kommen, die Sicherheit der Patientinnen nicht mehr gewährleisten zu können. Derzeit beschäftigt die Geburtshilfeabteilung sieben Ärzte und sieben Hebammen, die Belegärzte vertreten sich gegenseitig und teilen sich die Dienste. Bevor die Abteilung in eine Abwärtsspirale geraten könnte, habe man sich für die schnelle Schließung entschieden: "Wir amputieren uns in einem Teil, aber wir haben keine Zukunft mehr."

Die Belegschaft reagierte überrascht auf die Entscheidung; viele von ihnen haben nicht damit gerechnet, dass die Schließung so schnell kommen würde. Aber, so Florian Wolfart: "Keiner wird gekündigt." Hebammen und Kinderschwestern könnten bleiben, müssten aber eine andere Tätigkeit ausführen. Und wer sich jetzt, in einem noch frühen Stadium der Schwangerschaft, für eine Entbindung in Gräfelfing entscheidet, wird bis Ende September auf dem bekannten Niveau versorgt, verspricht der Klinikchef.

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