Gräfelfing:Mut zur Lücke

Gräfelfing holt für den Etat 2017 23 Millionen Euro aus der Rücklage

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Es war wohl das große Staunen, das die Gemeinderäte erfasste, als sie vor einigen Wochen in die Haushaltsberatungen für das Jahr 2017 einstiegen. Denn da klaffte eine erhebliche Finanzierungslücke von 26,7 Millionen Euro für das kommende Jahr auf, bis 2020 sollen es sogar 89,2 Millionen Euro sein. Das war "schockierend", sagte Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) am Dienstag bei der ersten öffentlichen Haushaltsberatung im Hauptausschuss. In zwei nicht öffentlichen Beratungen setzten die Mitglieder des Finanzausschusses dann den Rotstift an und schöpften darüber hinaus kräftig aus der Rücklage, insgesamt 23,3 Millionen Euro, um die Löcher zu stopfen.

Die Gräfelfinger sind bekanntermaßen finanziell so solide aufgestellt, dass manch andere Gemeinde im Landkreis davon nur träumen kann. Im vergangenen Jahr erlangten die Gewerbesteuereinnahmen ein Rekordniveau von mehr als 50 Millionen Euro. Auch dieses Jahr sind sie hoch, liegen aktuell bei 48,6 Millionen Euro. Wer viel einnimmt, muss auch viel an Kreisumlage bezahlen, das hatte Kämmerin Tanja Lindner schon bei den Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr vorausgesagt.

Im kommenden Jahr sind dafür 30 Millionen Euro fällig, sie reißen das Loch in den Verwaltungshaushalt. Aber auch erheblich gestiegene Ausgaben beim Gebäudeunterhalt und für die Kinderbetreuung sind mitverantwortlich, ebenso belasten die vielen geplanten Investitionen den Vermögenshaushalt. Für Gräfelfing ist diese Situation Neuland, erstmals seit Jahren tut sich im Verwaltungshaushalt eine Finanzierungslücke auf. Bislang sah es auf der Einnahmenseite immer so gut aus, dass auch für die Rücklage noch etwas übrig blieb. Damit ist jetzt Schluss. Durch die hohe Entnahme schrumpft sie 2017 um die Hälfte, bis 2020 auf knapp 1,2 Millionen Euro. Aber auch das hatte die Kämmerin schon vergangenes Jahr vorausgesagt.

Als eine "unerträgliche Situation" bezeichnete Jörg Scholler (FDP) die Finanzlage. Er kreidete es der Bürgermeisterin an, erst jetzt von der großen Lücke zu erfahren. Auch Thomas Heidenreich (CSU) wünschte sich mehr Information in den Sitzungen über die Finanzlage, wenn es darum geht, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Scholler wie auch Michael Langer (SPD) stimmten dem Haushalt bis auf den Stellenplan nicht zu. Wüst betonte, dass die Rücklagen "sinnvoll" ausgegeben würden. Dennoch müssten Prioritäten für Investitionen gesetzt werden. "Nicht jedes Projekt kann in Maximalversion umgesetzt werden." Zu überlegen sei auch, Großprojekte wie die Sanierung des Alten- und Pflegeheims Rudolf-und-Maria-Gunst-Haus nicht alleine zu stemmen, sondern sich dafür Partner an die Seite zu holen. Nächste Woche soll der Haushalt im Gemeinderat verabschiedet werden.

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