Gräfelfing:Günstig auf der Wiese leben

Netzwerk "Wohnraum für alle" wirbt um Baugrund in Gräfelfing

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Es ist eine Grundsatzfrage: Sollen lediglich Ackerflächen und grüne Wiesen die Gräfelfinger Wohngebiete von der Landeshauptstadt München trennen oder ist es denkbar, dass auf einem Teil davon neuer, günstiger Wohnraum entsteht? Zwei Architekten vom Münchner Projekt "Wohnraum für alle" stellten dem Gräfelfinger Bauausschuss jetzt ein Konzept vor, das rund 420 Wohneinheiten in Gräfelfing vorsieht.

Der Wohnungsdruck in der Münchner Region ist immens und wird noch wachsen. Verschärft wird die Situation durch die Flüchtlinge, die in den nächsten Jahren, soweit sie als Asylberechtigte anerkannt sind, auf den Wohnungsmarkt drängen werden. Für das Projekt "Wohnraum für alle", ein Netzwerk von Vertretern aus Planungs- und Bauberufen, war dieses Szenario der Ausgangspunkt dafür, nach neuen Lösungen beim Thema günstiger Wohnungsbau zu suchen, erklärten die Architekten Wolfgang Emrich und Lothar Grassinger, zwei Initiatoren des Netzwerkes. So soll Wohnraum entstehen, der sowohl kurzfristig der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge dienen kann, aber auch langfristig für alle mit geringen Einkommen in Frage kommt. In Gräfelfing wären dafür durchaus Flächen vorhanden, meinen die Netzwerk-Vertreter. Vom Grundeigentümer seien ihnen 38 000 Quadratmeter Ackerfläche an der Pasinger Straße jenseits der Heitmeiersiedlung für ein solches Projekt angeboten worden. Dort könnten 200 Wohnungen entstehen.

Einen zweiten Bereich gibt es direkt an der Grenze zu Großhadern an der Würmtal-/Ecke Waldhüterstraße. Hier kämen 20 000 Quadratmeter in Frage, auf denen Platz für etwa 120 Wohnungen wäre. Der Gemeinderat müsste die Ackerflächen in Bauland umwidmen. Das geht freilich nur, wenn staatlich geförderter, günstiger Wohnungsbau entsteht. Für Eigentümer solcher Ackerflächen bedeutet dies, dass sie beim Verkauf pro Quadratmeter zwischen 280 und 540 Euro erhalten können - aber nicht die üblichen bis zu 2000 Euro, die für Bauland bezahlt werden, legten Emrich und Grassinger dar.

Beide warben für das Projekt, wenngleich sie einsahen, dass es ein großes Umdenken erfordere. Grüne Wiesen gelten bislang als unantastbar. "Können wir es uns leisten, unseren Enkeln zu sagen, wir haben nichts getan?", fragte Grassinger in die Runde. Bliebe alles wie es ist, würden Menschen mit geringen Einkommen über kurz oder lang wegziehen müssen, außerhalb des S-Bahn-Netzes. Die Gemeinderäte reagierten geteilt. Größtes Manko ist in Augen von Frank Sommer (Grüne/Unabhängige Liste), dass ein überzeugendes Konzept fehlt, wie der günstige Wohnraum langfristig garantiert werden kann. Architekt Emrich wies darauf hin, dass es durchaus Mietbindungszeiten von zwei Generationen geben könnte. Auch Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing), reagierte verhalten. Sie stehe einer Grünzugbebauung skeptisch gegenüber. Es gab auch positive Stimmen: "Ich würde eher so etwas befürworten, um die Gartenstadt innerhalb des Wohngebietes zu erhalten", sagte Walter Frank (CSU). Auch Florian Ernstberger (Bürgerverein Gräfelfing-Lochham) fand den Standort an der Pasinger Straße durchaus "charmant".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: