Gräfelfing:Figuren, Filz und die Fasern der Maulbeere

In der Kunstbaracke herrscht der Geist gegenseitiger Inspiration. Davon dürfen sich Besucher überzeugen

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Hinter der dichten Blätterwand ist die Kunstbaracke in Gräfelfing von der Steinkirchner Straße aus kaum zu sehen. Doch die abends manchmal hell erleuchteten Fenster, rhythmisches Hämmern auf einen Stein, ein Blick durch die Einfahrt in den verwunschenen Garten lassen in manchem Spaziergänger doch Neugier aufkeimen, was in dem langgestreckten Bau wohl im Gange ist. Am kommenden Wochenende bekommt die Neugier freien Lauf, dann öffnen neun Mitglieder der Kunstbaracke in der Steinkirchner Straße 44 und 46 ihre Ateliertüren und gewähren Einblicke in ihr Schaffen. Einblicke - das ist auch der Titel der Ateliertage.

Immer wieder ändert sich die Besetzung in der Kunstbaracke - die einen kommen, die anderen gehen. Doch immer bleibt es eine spannende Mischung unterschiedlichster Kreativer. "Es war eine Gründungsidee, möglichst verschiedene Gewerke hier zu vereinen", sagt Almuth Raupp, die 1998 Gründungsmitglied der Kunstbaracke war. So ist mit ihr selbst eine Filzkünstlerin vertreten, die wie gemalte Porträts aus Wolle schafft. Im Nachbaratelier arbeitet Winfried Bethke als Bühnenplastiker, er kreiert Theaterkulissen. Mit Barbara Bommers ist eine Malerin vertreten, die sich dem Thema Engel widmet und Sebastian Bürck wie auch René Greiner fotografieren. Es gibt daneben die Papierdamen, wie sie in der Kunstbaracke genannt werden: Angela Goebles Pretzel, die aus Fasern von Ananas, Tulpe oder Maulbeerbaum feinste Papiere schöpft und zu Objekten verarbeitet und die Papierrestauratorin Maria Sutor, die aus zerfallenen, alten Büchern wieder lesbare Objekte macht. Daneben arbeitet Julia Herrmann als Bildhauerin an witzigen Figuren aus Holz auf Stelen, sie näht auch und sägt Schriftzüge. Und schließlich gehört Restaurator Robert Struthmann dazu, der gelegentlich aus Muße restauriert, den die Aura des Ortes aber auch zu anderen guten Ideen treibt.

Sich gegenseitig zu inspirieren und auszutauschen ist ein wichtiger Teil der Gemeinschaft in der Kunstbaracke: Der eine zeigt dem anderen das Rahmenbauen, zwei andere schließen sich zu einem gemeinsamen Projekt zusammen, der Bühnenplastiker hilft beim Aufbau einer Ausstellung. "Es ist eine familiäre Atmosphäre hier", sagt Sutor. Nicht zuletzt trägt zur besonderen Atmosphäre das gesamte Gelände bei, das im Eigentum des Bundesvermögensamtes, seit 1998 aber an die Künstler vermietet ist. Die Baracke wie auch der große Garten mit den vielen alten Bäumen, lauschigen Winkeln und Sitzecken ist eine Inspirationsquelle. Besucher können sich davon am Samstag von 11 bis 20 Uhr und am Sonntag von 11 bis 18 Uhr überzeugen und dabei ganz nebenbei die Gerüche der Kunstrichtungen atmen: die seifige Variante im Filzatelier, den nach Papier- und Klebstoff bei der Papierrestauratorin oder den der Ölfarben im Maleratelier. Am Samstag ist außerdem Musik angekündigt: Junge Flüchtlinge aus dem Senegal haben die Band Diamme gegründet und trommeln am Samstag von 15 Uhr an.

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