Gottesdienst im Hauptbahnhof:Warum die "New York Times" auf München blickt

der evangelische Bischof Heinrich Bedford-Strohm hält eine Andacht bzw. Gottesdienst im Hauptbahnhof, Schalterhalle Starnberger Flügelbahnhof

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm predigte am Heiligen Abend im Hauptbahnhof, dort also, wo im September die Flüchtlinge angekommen waren.

(Foto: Florian Peljak)

An Weihnachten hat die Welt wieder München entdeckt. Zu verdanken ist das Landesbischof Bedford-Strohm - und einem kleinen seelsorgerischen PR-Trick.

Glosse von Christian Krügel

Ein bisschen musste man sich schon sorgen um die internationale Aufmerksamkeit, die München als schönste Stadt der Welt eigentlich immer zustehen müsste. Noch im September druckte die New York Times Bilder von der Ankunft syrischer Flüchtlinge am Hauptbahnhof auf ihrer Titelseite, die Stadt war ein Hotspot der Weltnachrichten. Doch dann verblasste Münchens Ruhm, weil sich andere Metropolen in den weltpolitischen Vordergrund drängten. Aber an Weihnachten hat die Welt München wieder entdeckt.

Zumindest die New York Times. Sie veröffentlichte einen Überblick über die wichtigsten Predigten zum Fest, und siehe da: zwischen Rom und Manila, Kapstadt und Paris, Mexico City und Moskau findet sich München. Zu verdanken ist das Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und einem kleinen seelsorgerischen PR-Trick. Der Theologe predigte am Heiligen Abend im Hauptbahnhof, dort also, wo im September die Flüchtlinge angekommen waren.

Der Ort sei Symbol deutscher Willkommenskultur geworden, sprach dort der Bischof. Deutschland habe hier entdeckt, zu wie viel Empathie das Land fähig sei. Und Probleme bei Betreuung und Integration werden "wir bewältigen, wenn wir unsere Herzen der Kraft der Liebe öffnen."

Nur wenige Flüchtlinge beim Gottesdienst

Starke Worte, zweifellos. Das allein hätte aber wohl kaum internationales Aufsehen erregt. Bedford-Strohm ist ein Mann von Welt, lehrte einst in Harvard, ist mit einer Amerikanerin verheiratet und stark in der Weltkirche engagiert. Die Predigt verfasste er also leichter Hand in Englisch, die Flüchtlinge am Bahnhof sollten sie besser verstehen können. Von denen waren freilich nur wenige zum Gottesdienst gekommen, weshalb der Bischof dann doch weitgehend auf Deutsch predigte.

Da aber die englische Predigt nun schon mal vorlag, postete er sie auf Facebook - sehr zum Interesse New Yorker Journalisten. Das hat dem Bischof auch in Deutschland positive Kommentare gebracht. Und einen netten Hinweis aus Nürnberg: Dort feiert die Stadtmission schon seit Jahren am Heiligen Abend einen Bahnhofsgottesdienst. Aber wen in aller Welt interessiert schon Nürnberg?

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