Glockenbachviertel:Wie man beim Brot kaufen Gutes tun kann

Glockenbachviertel: Mit seiner Aktion "Brot am Haken" will Michael Spitzenberger von der Bäckerei Alof Menschen in der Not des Alltags helfen.

Mit seiner Aktion "Brot am Haken" will Michael Spitzenberger von der Bäckerei Alof Menschen in der Not des Alltags helfen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Bäckerei Alof im Glockenbach will mit ihrem neuen Konzept Kunden zum Spenden motivieren. Doch das Problem ist nicht die fehlende Hilfsbereitschaft.

Von Theresa Parstorfer

Ein Septembermorgen in der Bäckerei Alof im Glockenbachviertel. Es herrscht reger Betrieb. Direkt neben der Tür hängen zwei Bretter mit je einem großen Metallhaken. Einer für Kaffee und einer für Brot und Sonstiges. Etwa zehn Kassenbons mit einem roten Alof-Stempel hängen an jedem dieser beiden Haken. Auf dem wackeligen Stehtisch davor liegt ein Stapel Flyer, die das Projekt "Brot am Haken" erklären: An der Theke können nicht nur der eigene Kaffee, die eigene Semmel oder das eigene Müsli bezahlt werden, sondern noch ein weiteres Produkt dazu. Um jemandem, der sich das Brot oder das Getränk nicht leisten kann, etwas zu Gute kommen zu lassen.

Initiator Michael Spitzenberger sagt: "Ich habe Frau und zwei Kinder und wir haben es so gut. Da wollte ich dann irgendwann nicht immer nur einen Mehrwert für mich und meine Familie schaffen, sondern auch für die Gesellschaft." Spitzenberger hat BWL studiert und eine Ausbildung zum Hotelkaufmann absolviert. Er war immer selbstständig. Jetzt ist er das auch, mit "Brot am Haken". Dafür hat er seinen Job als Immobilienmakler aufgegeben. Seine Frau, die auch berufstätig ist, unterstützt ihn.

Die Idee hinter dem Projekt ist zwar nicht neu, in Italien und Österreich gibt es schon lange den caffè sospeso, einen vorbezahlten Kaffee für eine andere, unbekannte Person. Inspiriert wurde Spitzenberger jedoch durch die Geschichte von Sören Özer, einem türkischstämmigen Bäckereibesitzer in Hamburg, der auch einen Haken in seinem Laden anbrachte. Er wiederum orientierte sich an Bäckereien in Istanbul. Dort können bedürftige Menschen teilweise direkt aus Tüten, die an die Tür einer Bäckerei gehängt werden, frische Semmeln nehmen.

Michael Spitzenberger will nicht definieren, was Bedürftigkeit ist. Man müsse nicht beweisen, dass man sich das Brot sonst nicht leisten könnte. Ähnliche Projekte verlangten etwa einen Tafelausweis, um einen Bon einlösen zu dürfen. Das will Spitzenberger gerade nicht. Dabei kämpft er allerdings auch mit einem Dilemma: Auf der einen Seite will er es den "Bedürftigen" möglichst leicht machen, sich in die Gesellschaft zu integrieren, will ihnen durch "Brot am Haken" das Gefühl geben, dass auch sie einen Platz und eine Daseinsberechtigung in einem Café oder einer Bäckerei haben. Auf der anderen Seite weiß er um den Mut, den es erfordert, einen Bon vom Haken zu nehmen.

Die Bedürftigen nehmen das Angebot nur zögerlich an

Fabian Stingl, Geschäftspartner von Stephan Alof, sagt: "Wir müssen selbst nichts machen außer einen Haken aufzuhängen und können dabei Leuten helfen." Er erzählt von einem Biss-Verkäufer, der schon Haken-Stammkunde sei. "Ich bin mir sicher, der kommt jetzt immer wieder", sagt er. Im Moment würden allerdings nur etwa vier Bons jede Woche bei der Endabrechnung in der Kasse auftauchen. "Mit der Geber-Seite haben wir kaum ein Problem. Das Schwierige ist tatsächlich, die Nehmer-Seite zu ermutigen, das Angebot und die Hilfe auch anzunehmen", sagt Spitzenberger. Deshalb möchte er noch nicht expandieren. Auch wenn die Anfragen bestünden. Aus anderen deutschen Städten, aber beispielsweise auch schon aus Südtirol.

14 Bäckereien haben derzeit in München schon einen Haken. "Es soll sich auch nicht nur auf Brot beschränken müssen, sagt Michael Spitzenberger, "es geht um die Geste."

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