Gilbert & George:"Wir gehen übrigens auch nicht ans Telefon"

Auf der ganzen Welt reißen sich Museen um die Bilder von Gilbert & George. Das SZ-Magazin hat zur Abwechslung mal die beiden Künstler ausgestellt. Und zwar in München.

Tobias Haberl

Gilbert Proesch, 63, aus Südtirol und George Passmore, 65, aus Devon leben und arbeiten seit Ende der Sechzigerjahre zusammen in London. Ab Montag sind ihre großformatigen Fotoarbeiten im Münchner Haus der Kunst zu sehen.

SZ-Magazin: Gilbert und George, Sie bezeichnen sich seit vierzig Jahren als "living sculptures". Was ist das ­ eine lebende Skulptur?

Gilbert&George: Ganz einfach. Wenn die Menschen uns ansehen, entsteht eine Bedeutung, und zwar für jeden Betrachter eine andere. Das funktioniert nicht nur live, sondern auch, wenn wir fotografiert werden. In dem Moment, in dem der Fotograf auf den Auslöser drückt, konzentrieren wir uns so stark, dass wir eine Botschaft transportieren können. Bei unserem Anblick entwickeln die Menschen bestimmte Gefühle. Wir sind die Projektionsfläche ihres Innenlebens.

SZ-Magazin: Muss man eitel sein, um eine lebende Skulptur zu sein?

Gilbert&George: Überhaupt nicht. Es fühlt sich eher wie eine Pflicht an, die nie aufhört. Sogar auf dem Klo sind wir lebende Skulpturen. Wir tragen auch immer unsere Anzüge, nie Jeans oder T-Shirts. Wenn wir durch London gehen und begegnen japanischen Jugendlichen, dann stottern sie unsere Namen vor lauter Aufregung. Wenn wir im Bus sitzen, winken uns die Leute zu. Weil wir lebende Skulpturen sind.

SZ-Magazin: Hat man als lebende Skulptur ein Alltagsleben? Hören Sie zum Beispiel Musik?

Gilbert&George: Wir hören überhaupt keine Musik. Wir haben keine CDs und keine Platten, das lullt nur ein. Wir hatten mal ein Radio, haben es aber weggegeben. Ohne ist es viel besser. Wie soll man klar im Kopf sein, wie soll man bei sich sein, wenn man ein verdammtes Orchester mit 300 Violinen im Kopf hat?

SZ-Magazin: Wie steht es mit Freunden?

Gilbert&George: Unser Motto teilen wir mit Greta Garbo: Wir wollen allein sein. Die Menschen, die wir am häufigsten sehen, sind die Kellner in unseren Lieblingsrestaurants. Mit denen plaudern wir wirklich gern. Das Verhältnis ist freundschaftlich, aber gleichzeitig distanziert.

Im Moment haben wir ein paar sehr nette Kellner, vor allem türkische. Sehr lustig. Wenn wir zwei Abende hintereinander nicht bei ihnen waren, fragen sie: Mr. George, Mr. Gilbert, was ist passiert? Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Ist das nicht charmant?

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