Giftanschlag auf Rentner-Paar:Mordversuch mit einem Joghurt

Sie hatte alles ganz genau geplant: Weil eine 28-Jährige einen Bankbetrug vertuschen will, vergiftet sie ein Rentner-Ehepaar. Der Plan geht schief. Die Opfer überleben. Jetzt muss sie sich unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten.

Florian Fuchs

Sie hatte alles genau geplant: Sie wusste, dass das Rentnerehepaar zum Frühstück immer selbst gemachten Joghurt isst. Sie wusste außerdem, dass ihre Opfer an diesem Morgen mit dem Auto zu einem Termin fahren wollten. Also mischte sie Schlafmittel in den Joghurt und hoffte, auf diese Weise einen Unfall zu provozieren - und die beiden Rentner aus dem Weg zu schaffen. Der Plan ging schief, die Ermittler der Mordkommission haben die Täterin, eine 28 Jahre alte Hotelangestellte, festgenommen. Sie muss sich nun wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und außerdem wegen Diebstahls und Computerbetrugs verantworten. Zuvor hatte die 28-Jährige den Rentnern nach Angaben der Polizei nämlich die EC-Karte gestohlen und damit mehr als 7000 Euro abgehoben. Den Giftmord hatte sie geplant, um den EC-Kartenbetrug zu vertuschen.

Die 28-Jährige wohnte seit mehr als einem Jahr in einer Wohnung neben den Rentnern in einem Mehrfamilienhaus in Solln. Die 69-Jährige und der 72-Jährige hatten ein freundschaftliches Verhältnis zu ihrer Nachbarin entwickelt. Die Frau half öfter bei täglichen Arbeiten, irgendwann vertraute das Ehepaar ihr sowohl seine Wohnungs- als auch seinen Briefkastenschlüssel an. Weil die Rentner jedoch in den vergangenen Monaten bemerkt hatten, dass von ihrem Konto Geld abgehoben wurde, erstatteten sie Anzeige bei der Polizei - und berichteten dies auch ihrer Nachbarin, was ihnen am Ende fast zum Verhängnis geworden wäre.

Die 28-Jährige nämlich war es gewesen, die unbemerkt eine neu beantragte EC-Karte samt Pin-Nummern aus dem Briefkasten des Ehepaars genommen und damit insgesamt 15-mal Geld abgehoben hatte. Um nicht aufzufliegen, mischte sie am Mittwochabend des 28. März, als die Rentner gerade außer Haus waren, ein verschreibungspflichtiges Schlafmittel in den Joghurt des Ehepaars. Sie zuckerte den Joghurt, um den bitteren Geschmack des Medikaments zu übertünchen - und stellte ihn wieder zurück in den Kühlschrank. Ahnungslos schluckten die Rentner am nächsten Morgen das Schlafmittel und stiegen ins Auto, um zu einem Termin zu fahren. Dort angekommen, verloren erst der Mann und dann seine Ehefrau das Bewusstsein. Zeugen verständigten den Notarzt.

Die Ärzte wiesen das Schlafmittel im Blut nach, die Mordkommission nahm Ermittlungen auf. Durch Überwachungskameras am Bankautomaten stellten die Fahnder bald fest, dass die Nachbarin Geld vom Konto der Rentner abgehoben hatte. "Wir haben die Kleidungsstücke, die sie auf einem Foto trägt, in ihrer Wohnung sichergestellt", sagt der Leiter der Mordkommission, Markus Kraus. Als die Hotelangestellte aus dem Heimaturlaub in Polen zurückkehrte, wurde sie festgenommen. Sie gestand sowohl den Kartenbetrug als auch den Plan mit dem Schlafmittel. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die 28-Jährige des versuchten Mordes. "Wir erkennen in dem Fall die Mordmerkmale Habgier, Heimtücke und Verdeckungsabsicht", sagt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

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