Getränkewissenschaftliches Zentrum:Auf ein Gläschen Wasserkefir

Die Deutschen trinken immer weniger Bier. In Weihenstephan tüfteln Wissenschaftler deshalb an neuen Kreationen - alkoholfreies Bier soll vollmundiger schmecken, Bakterienkulturen könnten ungeliebte Zusatzstoffe ersetzen. Große Hoffnungen setzen sie vor allem in eine Hopfensubstanz.

Von Petra Schnirch

Die Deutschen trinken immer weniger Bier. Deshalb sucht nicht nur ein ganzer Industriezweig fieberhaft nach neuen Kreationen, sondern auch die Wissenschaft. Die Entwicklung ist längst ein hochkomplexer Prozess, der von neuesten Erkenntnissen aus den Labors der Mikrobiologen profitiert. Die TU München bündelt die Forschung nun in ihrem internationalen Getränkewissenschaftlichen Zentrum in Weihenstephan, das am Montag eröffnet wurde. Die Professoren werden allerdings erst in den nächsten Wochen dort einziehen.

Wohin der Weg gehen könnte, stellte das Team um Rudi Vogel vom Lehrstuhl für Technische Mikrobiologie bei einer Verkostung vor: Grundlage der fruchtig und nicht zu süß schmeckenden "Kefirade" ist Wasserkefir, ein Verbund verschiedener Mikroorganismen. Das innovative Getränk entsteht durch Fermentation, in diesem Fall durch Zugabe von Bakterienkulturen, nicht durch die beim Verbraucher ungeliebten Zusatzstoffe.

Auch wie das Gefühl der Vollmundigkeit in Getränken verbessert werden könnte, untersucht Vogel - dadurch ließe sich womöglich auch bei Biertrinkern eine bessere Akzeptanz der alkoholfreien Variante des Gerstensafts durchsetzen. Denn die schmeckt häufig noch recht leer - und dieses Manko hält viele Konsumenten davon ab, auch noch ein zweites Glas zu bestellen.

Teile des Lehrstuhls für Brau- und Getränketechnologie von Thomas Becker werden ebenfalls in den Neubau am Campus einziehen. Eines seiner Themen ist die Entwicklung neuartiger malzbasierter Getränke. Der Durchbruch auf dem Markt gelang vor einigen Jahren mit der Bionade. Kleiner Schönheitsfehler: Der Erfinder lernte sein Know-how zwar in Weihenstephan, entwickelte die neuartige Brause aber erst in der Zeit danach. Aber auch die Inhaltsstoffe des Bieres selbst erforschen die Wissenschaftler - große Hoffnung setzen sie in die Hopfensubstanz Xanthohumol, die als entzündungshemmend gilt.

Die gemeinsame Arbeit unter einem Dach soll vor allem die Kreativität fördern. Der Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik von Heiko Briesen analysiert beispielsweise anhand von Simulationen, wie der Abbau von Stärke beim Maischen abläuft - Informationen, die sich seine Kollegen zunutze machen können. Der Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik von Thomas Hofmann wiederum prüft, welche Moleküle für die biologische Wirkung und den Geschmack von Kaffee, Bier oder Saft verantwortlich sind - alles Grundlagen, um neue Getränke, möglichst unter gesundheitsfördernden Aspekten, zu kreieren - nichts wird hier mehr dem Zufall überlassen

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