Gesundheit in München:Trost auf vier Pfoten am Krankenbett

Gesundheit in München: Hospizbegleiterin Stefanie Hettich und ihr Hund Socke besuchen todkranke Menschen zu Hause.

Hospizbegleiterin Stefanie Hettich und ihr Hund Socke besuchen todkranke Menschen zu Hause.

(Foto: Sandra Fyhr/oh)

Der Malteserhund Socke und sein Frauchen begleiten Menschen bis zum Tod. Sie sind nicht die einzigen, die sich in München darum kümmern, dass Patienten und ihre Angehörigen nicht alleine bleiben.

Von Julia Haas

Hilfe im Klinikalltag

Als "Grüne Dame" muss man gut zuhören können. Gabriele Sepper hört schon seit neun Jahren zu, sie leitet eine Gruppe von 32 Grünen Damen und Herren am Klinikum Bogenhausen. Die Helfer in den grünen Kitteln unterstützen Patienten im Klinik-Alltag. Sie schenken ihnen Zeit, begleiten sie zum Kiosk, zu Untersuchungen, packen Koffer oder setzen sich einfach nur ans Bett und hören zu. Im Kinderzentrum spielen oder basteln die Ehrenamtlichen außerdem mit den jungen Patienten und ihren Geschwistern.

Darüber freue sich auch das Klinikpersonal, sagt Sepper. Im stressigen Alltag bleibe oft zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten. "Die sind schon froh, wenn einer schnell eine Telefonkarte besorgt", so die 66-Jährige. Eine spezielle Vorbildung brauchen die grünen Helfer nicht. Empathie sei wichtig, empfiehlt die Harlachingerin. Dafür komme auch viel Positives zurück: "Die Patienten freuen sich, wenn wir kommen." Im Klinikum Bogenhausen haben die Ehrenamtlichen auch eine Kleiderkammer, mit der sie Patienten schnell einkleiden können, die nur im Nachthemd eingeliefert wurden. Sepper selbst will noch so lange wie möglich Grüne Dame bleibe. Den Kittel muss sie offiziell erst mit 80 Jahren abgeben.

Scherzen mit Socke

Socke begleitet Menschen bis zum Tod. Acht Jahre ist er alt, hat eine schwarze Nase und weißes, flauschiges Fell. Der kleine Malteserhund ist mit dabei, wenn seine Besitzerin Stefanie Hettich für den ambulanten Hospizdienst der Caritas im Einsatz ist. Für ihr Ehrenamt als Hospizbegleiterin hat die freiberufliche Unternehmensberaterin eine spezielle Ausbildung absolviert. 120 Stunden über Grenzen, Pflege und Konfrontation mit dem Tod. Sogar ihren eigenen Abschiedsbrief musste die 42-Jährige schreiben.

Als Hospizbegleiterin kommt Hettich den Menschen sehr nahe, als Außenstehende hat sie oft einen leichteren Zugang zu den Todkranken, einen unbelasteten. Wenn Stefanie Hettich etwa vom inzwischen verstorbenen Günther spricht, gerät sie ins Schwärmen. Ein Witwer, betagt, aber noch rüstig, er sei mit ihr gern zum Italiener gegangen und habe von seiner toten Frau erzählt. "So einen Mann hätte ich mir auch gewünscht", sagt Hettich. Günthers Schwiegertochter habe sich später bei ihr bedankt, durch ihre Besuche sei er viel zugänglicher geworden.

In diesem Fall hat Hettich selbst viel bewegt, sonst ist es oft ihr Hund Socke, der eine große Wirkung hat. Wenn er sie begleitet, strecken sich auf einmal Hände nach ihm, die sich seit Wochen nicht mehr gerührt haben, fangen Menschen an, mit dem Hund zu scherzen, die im Krankenhaus vorher mit keinem gesprochen haben. "Tiere haben etwas Nonverbales, sie gehen einem direkt ans Herz", sagt Hettich. Auf die Idee kam sie durch eine persönliche Erfahrung. Wenn sie arbeiten musste, passte eine junge Frau auf Socke auf.

Die 30-jährige Hundesitterin sollte ihren Brustkrebs eigentlich besiegt haben, als Ärzte Metastasen in Nieren und Leber fanden. Ihre Familie habe die Frau dann nicht mehr sehen wollen, sagt Hettich. Einen Besuch von Socke habe sie sich aber gewünscht. Als Hospizbegleiterin hilft Hettich den Menschen, ihr Leben zu reflektieren, hört ihnen zu, liest ihnen vor oder macht Ausflüge. Bei jedem Besuch rechnet sie damit, dass die Menschen nicht mehr da sind. Es sei aber nicht so, dass sie diese Gedanken ständig belasteten. Das, was sie habe, schätze sie seitdem umso mehr.

Erfahrungsaustausch

Tanja Forderer-Barlag leitet das Ronald- McDonald-Haus am Deutschen Herzzentrum, eine Unterkunft für Familien schwer kranker Kinder, die am Herzzentrum behandelt werden. "Hier leben Menschen zusammen, die würden sich auf der Straße nicht mal zunicken", sagt Forderer-Barlag. Die Familien haben ihre eigenen Appartements, Küche und Gemeinschaftsräume teilen sie sich aber.

Obwohl die Schicksale sehr individuell sind, eint alle die gleiche Sorge, Hoffnung und Angst. Das Haus will bewusst diesen Kontakt der Angehörigen untereinander ermöglichen. Betroffene könnten oft am besten verstehen, was die anderen Bewohner durchmachen. "Bei jedem Kind geht es um Leben und Tod", sagt Forderer-Barlag. Deshalb sei es nach 14 Jahren bei der Stiftung und etwa 600 Familien im Jahr immer noch keine Routine für sie.

Dass auch Weihnachten das Haus voll belegt gewesen sei, "das hat mich schon traurig gemacht", sagt die 42-Jährige. Die Kosten für den Aufenthalt übernehmen in der Regel die Krankenkassen. Kostenlos dazu bekommen die Bewohner den Erfahrungsschatz der anderen, wie die Leiterin sagt. Eine Mutter mit herzkrankem Kind könne einer Frau, die gerade ein Baby mit Herzfehler erwarte, am besten sagen, was auf sie zukomme.

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