Gesundheit:Dem Roten Kreuz geht das Blut aus - spenden geht aber auch kaum

Gesundheit: Beim städtischen Blutspendedienst an der Dachauer Straße konnten Münchner bis März dieses Jahres noch regelmäßig wochentags spenden.

Beim städtischen Blutspendedienst an der Dachauer Straße konnten Münchner bis März dieses Jahres noch regelmäßig wochentags spenden.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Das Bayerische Rote Kreuz ruft um Hilfe, weil das Blutkonservenlager leer ist.
  • 400 Blutkonserven werden laut BRK pro Tag zu wenig gespendet.
  • Doch wer in der Stadt spenden will, muss weite Wege in Kauf nehmen: Die Blutspende-Helfer sind meist nur im Umland unterwegs und kommen selten nach München.

Von Christoph Koopmann

Das Blutkonservenlager ist leer! Bitte spenden Sie in den kommenden drei Tagen Blut!" In großen, roten Lettern prangt dieser Hilferuf derzeit auf der Internetseite des Blutspendedienstes (BSD) des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Im Moment werden bis zu 400 Blutkonserven am Tag zu wenig gespendet, so BSD-Sprecherin Stefanie Sklarzik.

Eigentlich müssen sich täglich 2000 Spender vom BSD Blut abnehmen lassen, um den großen Bedarf der Krankenhäuser in Bayern decken zu können. Normalerweise hätte der Spendedienst für solche Flauten eine Reserve, die für fünf oder sechs Tage reicht, doch selbst die sei nach der Ferienzeit und dem ungewöhnlich warmen September aufgebraucht - bei so einem Wetter haben die Menschen oft anderes zu tun, als Blut zu spenden.

Doch selbst wer spenden will, kann das in München derzeit kaum tun. Der Hintergrund: Bis März dieses Jahres gab es an der Dachauer Straße noch einen städtischen Spendedienst, der wochentags geöffnet hatte. Dann übernahm das BRK den Dienst von der Stadt und ersetzte das feste Quartier durch mobile Teams. Doch die fahrenden Blutspende-Helfer kommen selten nach München, Termine gibt es fast nur im weiter entfernten Umland - das nächste Mal kann erst am 28. Oktober beim Roten Kreuz in München Blut gespendet werden.

Wer in diesen Tagen mit einer Blutspende an den BSD helfen will, muss zum Beispiel 15 Kilometer an der alten Blutspendestelle vorbei stadtauswärts fahren, nach Dachau. Ab und an macht der mobile Dienst auch in anderen Umlandgemeinden wie Wolfratshausen oder Bad Aibling Station, wo zudem fast immer nur zwischen 16 und 20 Uhr Blut abgenommen wird.

Doch warum bittet der BSD um Spenden, ohne Termine in München anzubieten? "Wir wissen, dass das blöd aussieht, es hat aber seine Gründe", so Sprecherin Sklarzik. Erstens fänden sich in ländlichen Regionen erfahrungsgemäß mehr Spender. Zweitens habe man in München noch mit Anlaufschwierigkeiten nach der Übernahme des Blutspendedienstes im Frühjahr zu kämpfen.

Als neuer Anbieter liege das in der "Natur der Sache", auch weil der BSD das städtische Spender-Register aus Datenschutzgründen nicht übernehmen durfte. Aber: "Wir sind dabei, bessere Strukturen in München und dem Rest Oberbayerns zu schaffen", betont Sklarzik. Momentan fehle es an Personal, um wieder mehr Termine in der Stadt anbieten zu können. Wann diese Probleme gelöst sind, vermag sie nicht zu sagen.

Was Patienten und potenzielle Spender ärgert, freut hingegen die Konkurrenz des BSD. Vor allem das private Blutspende-Unternehmen Haema (der Münchner Sitz liegt nur wenige Meter vom ehemaligen Spendezentrum der Stadt entfernt) hat von der faktischen Abschaffung der städtischen Einrichtung profitiert. "Im Frühsommer wurden wir beinahe überrannt", sagt Sprecher Jan Noack.

Doch mittlerweile ist der erste Run verebbt, das Sommerloch ist auch bei Haema zu spüren: "Mittlerweile bekommen wir täglich zwischen 30 und 40 Prozent Spenden zu wenig", sagt Noack. Auch er begründet das mit der Urlaubszeit. Durch den ungewöhnlich heißen Spätsommer sei dieser Effekt noch verstärkt worden.

Dass Haema mittlerweile prozentual sogar noch weniger Spender als das Rote Kreuz akquirieren kann, liegt womöglich auch am Geschäftsmodell: Im Gegensatz zum gemeinnützig orientierten BRK ist Haema ein Wirtschaftsunternehmen, das aus dem Verkauf der Blutkonserven an Kliniken Gewinn erwirtschaften will. In die Hände profitorientierter Unternehmen wollen sich viele Spender trotz einer Aufwandsentschädigung von 20 Euro aber nicht begeben.

Was also tun? "Zunächst einmal bleibt abzuwarten, ob dieser Blutspende-Notstand nur vom späten Sommerloch herrührt oder langfristig bleibt", sagt Hans Theiss, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU im Stadtrat. Sollte die Spendenbereitschaft wieder auf Verhältnisse jenseits dieses besonders tiefen Sommerlochs steigen, könnte es ohne das BRK eng werden: Das Haema-Entnahmezentrum wäre aufgrund mangelnder Lager- und Transportkapazitäten nicht in der Lage, den Bedarf für ganz München zu decken, so Sprecher Noack.

Das Klinikum Großhadern nimmt zwar auch Spenden an, jedoch keine "Vollblutspenden", sondern nur die Blutplättchen. SPD-Stadtrat Horst Lischka macht deswegen Druck: "Es darf keine Engpässe bei der gesundheitlichen Versorgung geben, das hat uns das Rote Kreuz bei der Übernahme vertraglich zugesichert."

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