Wirtshaus Franziskaner:Wem der ewige Stammtisch fehlen wird

Wirtshaus Franziskaner: Ohne das Wirtshaus an der Residenzstraße ist die Politik in München und Bayern kaum vorstellbar.

Ohne das Wirtshaus an der Residenzstraße ist die Politik in München und Bayern kaum vorstellbar.

(Foto: Catherina Hess)

Der Franziskaner ist praktisch das politische Zentrum Münchens. Nun soll die Traditionswirtschaft für ein Einkaufszentrum Platz machen. Doch was, wenn Bernd Posselt einfach sitzen bleibt?

Von Frank Müller

Es ist nicht so, dass man einen Leberkäs in München nur beim Franziskaner bekommen könnte und schon gar nicht besonders kostengünstig. Im Gegenteil: Die große Portion mit Kartoffelsalat für 13,10 Euro, das ist auch für die Münchner Innenstadt ein Spitzenwert. Mit Breze, Weißbier und Trinkgeld ist man dann einen Zwanziger los.

Jedoch: Die Traditionswirtschaft mit den beiden Eingängen an der Perusa- und der Residenzstraße lässt sich mit normalen Maßstäben nicht messen. In den Franziskaner geht man nicht unbedingt zum Essen. Sondern zum Beispiel, um Politik zu machen. Vor allem für CSU-Größen ist die Wirtschaft seit Jahrzehnten eine Art Außenbüro. Dazu mag auch die strategisch günstige Lage beitragen: Die Gaststätte ist nicht weit von der Staatskanzlei und den sie umgebenden Ministerien entfernt, aber auch nur einen Steinwurf vom Rathaus. Hier ist praktisch das politische Zentrum Münchens.

Vor allem der CSU dürfte die Wirtschaft fehlen

Folgerichtig saß schon Franz Josef Strauß hier regelmäßig, mitunter auch ganz alleine. Es ist der Ort für Stammtische aller Art, für CSU-Neujahrsempfänge und für die kleine Runde zwischendurch. Als sich die CSU mit ihrem früheren Münchner Skandal-Oberbürgermeister Erich Kiesl ausgesöhnt hatte, schmiss sie im Franziskaner für ihn noch einmal eine Party zum 80. Geburtstag.

Inzwischen wurde die Wirtschaft umgebaut. Dass sie ganz verschwindet, reißt fraglos ein Loch in den politischen Kommunikationsprozess in München. So war es auch kein Zufall, dass Horst Seehofer, kaum dass er die Macht in der Staatskanzlei übernommen hatte, im Franziskaner einfiel. Er begann seine CSU-Aufbauarbeit nach dem Wahldesaster von 2008 mit einem Besuch am Stammtisch. Er wolle der "echten Denke" der Menschen nachspüren, erklärte er den verdutzten Gästen und bestellte sich eine Radlerhalbe und Leberkäs. Wie groß der Beitrag der Runde zum Wiederaufstieg der CSU war, darüber lässt sich nur spekulieren.

War's das? Nicht ganz. Bernd Posselt, der langjährige CSU-Europaabgeordnete, ging am Freitag gegen die Schließungspläne in die Vollen: Der Franziskaner sei "als ehemaliges bayerisches Stammlokal von Persönlichkeiten wie Franz Josef Strauß Attraktionspunkt für Millionen von Menschen aus ganz Europa". Posselt darf man nicht unterschätzen. Er sorgte für Aufsehen dadurch, dass er auch nach seiner Abwahl einfach weiter ins EU-Parlament kam. Nicht auszudenken, was geschähe, wenn Posselt einfach am Stammtisch sitzen bleibt.

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