Geschenke für städtische Bedienstete:Korruption beginnt ab der zweiten Maß

Beim Wiesnbesuch von Christian Wulff im Jahr 2008 soll ein Unternehmer das Hotel-Upgrade bezahlt haben. Hätte ein Angestellter der Stadt München dieses Geschenk angenommen, wäre sein Job in Gefahr - dafür sorgt eine Richtlinie mit strengen Regeln.

Sven Loerzer

Prächtig amüsiert haben sie sich auf der Wiesn und gutgelaunt einander zugeprostet: Bundespräsident Christian Wulff hat sich in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident zusammen mit seiner Ehefrau Bettina vom Berliner Filmproduzenten David Groenewold zum Oktoberfest 2008 einladen lassen.

Christian und Bettina Wulff beim Oktoberfest

Wieder gibt es Ärger um eine Einladung: Noch als niedersächsischer Ministerpräsident besuchte Christian Wulff mit seiner Ehefrau Bettina die Wiesn 2008 und feierte in der Käfer-Schänke.

(Foto: dpa)

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel hat Groenewold nach eigener Aussage damals einen Teil der Kosten der Übernachtung im "Bayerischen Hof" getragen. Wulff, der überraschend mit Kind angereist war, soll dafür eine größere Suite bekommen haben.

Beschäftigte im öffentlichen Dienst könnten solche Einladungen zu Bewirtungen oder in Ferienwohnungen schnell den Job kosten - wenn sie bei der Landeshauptstadt München arbeiten.

Denn nach den seit 1. Juli 2007 gültigen "Richtlinien zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken" ist eigentlich alles Erdenkliche an Zuwendungen verboten, was die Wertgrenze von 15 Euro übersteigt.

Die Annahme von Geld oder Einkaufsgutscheinen oder anderen "bargeldähnlichen Leistungen" wie etwa Flugtickets ist ohnehin ganz generell verboten, aber selbst eine Schachtel Pralinen, Kosmetik, ein Kugelschreiber oder eine Flasche Schnaps darf nicht mehr als 15 Euro wert sein - sonst muss sie der Beschenkte zurückweisen. Niemand sollte auf die Idee kommen, einem Beamten wiederholt solche "geringwertigen Zuwendungen" zukommen zu lassen - die Annahme ist ausdrücklich untersagt.

Um jegliche Zweifel auszuräumen, hat die Stadt als Ergänzung zu dem zehn Paragraphen umfassenden Regelungswerk auch ein mehrere Seiten umfassendes Register erstellt. Dort sind alle üblichen Zuwendungen aufgelistet, die auf Amtsträger zukommen können.

Dass Verwaltungsbeamte oder -angestellte sich auf Volksfeste, in Gaststätten oder gar Feinschmeckerlokale zur Bewirtung einladen lassen, ist ganz klar verboten.

Ganz enge Grenzen setzt die Stadt auch für die übliche Praxis von Firmen, zur Wiesnzeit Hendl- und Biermarken zu spendieren. Städtische Mitarbeiter dürfen nicht mehr als jeweils eine Marke von einer Firma annehmen. Gar nicht geht, dass sich die Mitarbeiter ein "sogenanntes Markenbündel" zur Verteilung an Kollegen in die Hand drücken lassen: Solche Bündel sind umgehend zurückzusenden.

Flugmeilen dürfen nur beruflich verflogen werden

Auch mit einem netten Urlaub bei Freunden, die ein Gönner mit Blick auf das Amt des Eingeladenen spendiert, lässt sich eine ganze Menge Ärger heraufbeschwören.

Schon lange bevor bekannt wurde, dass Wulff sich gerne in die Feriendomizile seiner Unternehmerfreunde einladen ließ, hatte die Stadt "Einladungen in Privatwohnungen oder Privathäuser, Jagdhütten, Yachten, Ferienwohnungen oder Ferienhäuser oder Ähnliches" als "verboten" gelistet - wie im Übrigen auch die Annahme von Leistungen aus Bonusprogrammen wie "Miles and More".

An andere Versuchungen hat die Stadt ebenfalls schon längst gedacht, bevor bekannt wurde, dass selbst höchste Amtsträger nicht davor gefeit sind: So sind "zinslose oder zinsgünstige Darlehen" kurz und knapp als "verboten" gelistet.

Im Übrigen ist die Annahme von Geschenken auch dann generell verboten, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Amtshandlung steht. Es reicht schon aus, dass sich der Zuwender von dem Gedanken leiten lässt, dass der Beschäftigte ein bestimmtes Amt innehat.

"Bereits der geringste Anschein, dass Beschäftigte für persönliche Vorteile im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerfüllung empfänglich sein könnten, muss vermieden werden", hat OB Christian Ude in seinem Vorwort zu den Richtlinien geschrieben.

Die Ablehnung einer Zuwendung unter Hinweis darauf und mögliche persönliche Konsequenzen sei "daher niemals unhöflich" und schließe "zuverlässig jedes Risiko" aus.

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