Geschäftsidee:Gut, aber nervig

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Ein Start-up sammelt mit Handywerbung Spenden

Von Pia Ratzesberger

Werbung hat einen ziemlich schlechten Ruf. Sie vermüllt das E-Mail-Postfach und zerhackt den Fernsehfilm, sie kann aufdringlich sein und sie verführt. Doch ein Münchner Start-up will der Reklame nun einen neuen Sinn geben. Werbung soll Gutes tun, soll Menschen in Not helfen. Die App Natehelps verspricht ihren Nutzern: Man muss sich nur ein paar Anzeigen ansehen, schon wird die Welt zu einer besseren. Schon spendet man Geld, ohne Geld auszugeben. App herunterladen, Handy entsperren, Werbung ansehen - fertig.

Wie das funktionieren soll? Firmen bezahlen das Münchner Start-up Nate dafür, dass dessen App ihre Anzeigen auf den gesperrten Handybildschirmen schaltet. Nate fragt bei der Anmeldung ab, für was sich die Nutzer interessieren, ob für Versicherungen oder Mode, ob sie sich "jung und dynamisch" fühlen oder "mitten im Leben". So versucht die App zu erahnen, wie die Handybesitzer ticken und spielt die passende Werbung ein. Die ist Firmen ziemlich viel Wert, einen Teil des Geldes leitet Nate dann an Hilfsorganisationen weiter. Die Spendensummen steigen, und die werbenden Unternehmen profitieren gleich zweimal: Zum einen haben sie all den Leuten ihre Bergschuhe gezeigt, die sich ohnehin für Sport interessieren. Zum anderen können sie sich auch noch ihres sozialen Engagements rühmen. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen die verschwenderische Warenwelt kritisieren, kann ein wohltätiges Image nicht schaden.

Wer die App installiert, wählt aus, wem seine Spende zugute kommen soll, ob den Naturschützern des WWF oder den Helfern der Münchner Tafel. Sie alle arbeiten mit Nate zusammen, auch die Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) ist nun registriert. Gemeinsam mit dem Team von Nate werben sie an diesem Montag im Münchner "Impact Hub" an der Gotzinger Straße für mehr Nutzer und mehr Spenden.

Die App ist gerade einmal drei Monate alt, etwa 3100 Menschen sind Mitglied und mehr als 13 000 Euro Spenden wurden gesammelt. Natürlich stehe man noch am Anfang, sagt Hubert Eiter, einer der fünf Gründer. Bevor er Nate mitentwickelte, arbeitete er für das Schmuckunternehmen Swarovski im Marketing. Viel Zeit im Flugzeug, Reisen nach Asien, immer wieder nach Korea. Dort sei Werbung auf gesperrten Handybildschirmen alltäglich, sagt der 40-Jährige. Doch er wollte nicht nur einen neuen Werbeplatz für Firmen. Er wollte auch mehr Sinn für sich selbst. "Irgendwann fragst du dich eben: Ist es das jetzt, einfach nur für etwas Werbung machen?", sagt Eiter. Für ihn war es das nicht.

Sein Unternehmen will zwar durchaus Gewinn erwirtschaften, auch um für künftige Investoren attraktiv zu bleiben und zu wachsen. Gemeinnützig ist Nate also nicht. Das Ziel aber sei ein Gewinn von etwa fünf Prozent des Werbeumsatzes, nicht mehr. Momentan werden etwa 60 Prozent der Werbeeinnahmen gespendet, im Idealfall sollen es 80 Prozent. 50 Prozent müssen es mindestens sein, sagt Eiter. Eine Werbeanzeige ergebe derzeit eine Spende von ein oder zwei Cent, wer sein Handy den Tag über vierzigmal entsperrt, hat am Abend im besten Fall also 80 Cent zusammen. Im Monat sind das 24 Euro.

Immerhin wohl mehr als viele jüngere Menschen bisher spenden. Denn auch wenn die Deutschen innerhalb eines Jahres mehr als sechs Milliarden Euro für gute Zwecke geben, die Spenden der unter 40-Jährigen machen gerade einmal neun Prozent der Gesamtsumme aus. Vielleicht, weil die Jungen noch weniger Geld haben, das sie spenden könnten. Vielleicht aber auch, weil sie mit dem klassischen Spendenaufruf im Briefkasten nicht mehr viel anfangen können. Ganz im Gegensatz zu ihrem Handy.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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