Gerichtsurteil:Hoher Beamter wegen Kinderpornos verurteilt

Der CSU-Politiker Matthias S. saß drei Jahre lang im Bundestag, jetzt verliert er seine Stelle im Sozialministerium - wegen Kinderpornographie.

Ekkehard Müller-Jentsch

Abgeordneter für die CSU im Bundestag und dort unter anderem in der Kinderkommission, hoher Beamter im bayerischen Sozialministerium, Spitzenämter in der Sudetendeutschen Landsmannschaft, katholisch, verheiratet: Mit dieser Vita glänzte ein heute 50-jähriger Münchner. Doch inzwischen ist er rechtskräftig per Strafbefehl verurteilt worden: Auf dem privaten Computer in seiner Wohnung wurden vor geraumer Zeit Dateien mit Kinderpornografie sichergestellt.

Gerichtsurteil: Wegen Kinderpornos verurteilt: Der Beamte Matthias S.

Wegen Kinderpornos verurteilt: Der Beamte Matthias S.

(Foto: Foto: ddp)

Am Freitag hätte sich der Volljurist Matthias S. vor einer Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts München mit einer Klage seines Dienstherrn konfrontiert gesehen: Der Freistaat wollte die Entfernung dieses Beamten aus dem Dienst durchsetzen. Soweit wollte es der Mann offenbar nicht kommen lassen: Am Mittwoch zog er selbst die Konsequenz und quittierte freiwillig den Dienst.

Matthias S. war politisch seit jungen Jahren sehr rührig, etwa als Vorsitzender der Schüler-Union, später war er Vorsitzender eines CSU-Ortsvereins in München. In den neunziger Jahren begann er sich sozialpolitisch zu engagieren, unter anderem im gesundheitspolitischen Ausschuss der CSU. Für das bayerische Sozialministerium fungierte er bis zu seiner Wahl in den Bundestag als Landesbeauftragter und Ministerratsreferent. Bei der Bundestagswahl 2005 war S. auf der CSU-Liste zwar noch einmal angetreten, hatte einen Sitz jedoch verpasst.

Da seine Eltern Flüchtlinge aus dem Egerland waren, bekleidete S. schon bald wichtige Ämter in der Sudetendeutschen Landsmannschaft, wo er bis in den Bundesvorstand aufstieg. Er gehörte dem Kuratorium einer Egerländer-Kulturhaus-Stiftung an, der "Egerländer Gmoi z' München" und der Ackermann-Gemeinde. Zudem war er Generalsekretär des Sudetendeutschen Rates. Vor drei Jahren zog er sich von diesem Amt jedoch im Mai 2006 zurück.

Im Rahmen großer Ermittlungen gegen einer Kinderporno-Internet-Ring war die Polizei unter anderem auch auf Matthias S. aufmerksam geworden. Auf seinem PC entdeckten die Fahnder einschlägige Bilder. Der CSU-Mann wurde dafür aber nicht in einem öffentlichen Strafverfahren verurteilt - die Justiz erledigte das ohne Verhandlung per Strafbefehl. Über das Strafmaß schweigt das Gericht. Nach Informationen der SZ steht jedoch fest: Wäre die Strafe als Urteil verhängt worden, hätte Matthias S. automatisch seinen Beamten-Job verloren.

Bei Strafbefehlen greift der Automatismus einer Entlassung für Beamte jedoch nicht. Deshalb strengte der Freistaat ein Disziplinarverfahren an. Die Klage "Freistaat Bayern gegen ..." stand unter dem Aktenzeichen M19DK09.3274 auf der Sitzungsliste des Münchner Verwaltungsgerichts für den kommenden Freitag. Stichwort: "Wegen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis."

Auf Anfrage des SZ antwortete die Gerichtspressestelle lapidar, aber unmissverständlich: "Der Betroffene ist Ministerialrat im Ministerium für Arbeit und Soziales und soll wegen Besitzes kinderpornographischer Daten aus dem Dienstverhältnis entfernt werden." Einzelheiten durfte das Gericht nicht mitteilen. Am Mittwoch folgte dann als Nachtrag: "Die Verhandlung ... entfällt."

Eine Anfrage der SZ im Sozialministeriums blieb ohne Stellungnahme zu den Vorgängen. Im Hause kursierten unter den Beamten seit geraumer Zeit Gerüchte - gesehen haben sie den Kollegen "aber seit Monaten nicht mehr". CSU-Weggefährten zeigten sich von den Vorgängen "geschockt", sagten, dass man sich schon seit langer Zeit gewundert habe, wo der S. "abgeblieben ist".

Auf der Homepage des CSU-Ortsverbandes wird er noch als "stellvertretender Vorsitzender" geführt. Für eine Stellungnahme war Matthias S. nicht zu erreichen. In Telefonbüchern und bei der Auskunft gibt es niemanden mit seinem Namen - nur noch das Internet liefert Hinweise auf seine politisch bewegte Vergangenheit.

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