Gericht versteht genervte Vermieterin:Feierbanane zu laut zum Wohnen

Gäste vor der Diskothek "Pacha" in München, 2012

Partygänger am Maximiliansplatz. Gleich hier um die Ecke liegen die Wohnungen, um die es vor Gericht ging.

(Foto: Stephan Rumpf)

Partylärm vor der Haustür: Eine Immobilienbesitzerin hält ihre Wohnungen an der Feierbanane für unvermietbar. Vor Gericht ist sie nun mit ihrer Klage gescheitert, hat zugleich aber viel gewonnen. Die Stadt muss in Zukunft wohl umdenken.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Obwohl Wohnungen in München extrem knapp sind, wird die Stadt Immobilienbesitzern entlang der sogenannten Feierbanane in der Innenstadt künftig wohl gestatten müssen, die Räume auch gewerblich zu vermieten. Das machte am Montag ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht deutlich. Denn Feierbanane und Feierabendruhe passen offenbar einfach nicht zusammen. Die wenigen noch vorhandenen Wohnungen an den Brennpunkten entlang der Münchner Partymeile zwischen Maximiliansplatz und Sendlinger Tor sind nämlich kaum noch an den Mann zu bringen.

Potenzielle Wohnmieter gibt es für diese Lage schon lange nicht mehr. Deshalb wollte die Immobilien-Besitzerin Christa Brigitte Güntermann für ein Appartement in ihrem Anwesen Ottostraße 13 von der Stadt ein sogenanntes Negativattest einklagen: Die Behörde sollte ihr bescheinigen, dass Wohnen entlang der Feierbanane unzumutbar ist - dann könnte sie die Räume als Praxen oder Büros in bester Citylage anbieten.

Aus formalen Gründen ist die Geschäftsfrau damit vor dem Verwaltungsgericht am Montag zwar gescheitert, hat zugleich aber viel gewonnen - denn die Lokalbaukommission weiß jetzt, dass sie künftig wohl umdenken muss.

Es war kalt und ungewohnt ruhig, als sich die "Baukammer" des Verwaltungsgerichts am sehr frühen Montagmorgen vor dem "Kunstblock" an der Ecke Otto-/Max-Joseph-Straße umsah. Das Gebäude liegt ganz nahe beim Maximiliansplatz. Also direkt an den nächtlichen Hotspots wie dem Pacha, der 089-Bar, dem Call me Drella, der Rote Sonne oder dem Max & Moritz.

Juristische Feinkost

Güntermann ist als Honorarkonsulin von El Salvador über München hinaus bekannt: Für ihre Tätigkeiten als Handelsrichterin und für Wohltätigkeitsaktionen wurde sie mit dem deutschen Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Ihre Rechtsanwälte Richard Beyer und Horst Reif machten in ihrer Klage deutlich, dass Partylärm und Drogenkriminalität die Mieter in der Ottostraße vertrieben haben.

12,40 Euro pro Quadratmeter wären in dieser Lage eigentlich angemessen. Aber es gibt seit eineinhalb Jahren trotz vieler Inserate keine Interessenten. "Die Wohnungen sind unbewohnbar geworden", sagen die Juristen. Das soll die Stadt ihrer Mandantin bescheinigen, damit die Räume gewerblich genutzt werden können.

Die brisante Thematik hatte auch viele Pressevertreter in den Sitzungssaal des Verwaltungsgerichts gelockt. Doch die bekamen erst einmal eine Gratisportion juristische Feinkost vorgesetzt. Das Gericht machten beiden Seiten deutlich, dass sowohl die Stadt bei ihrem Bescheid nicht so sauber wie notwendig gearbeitet habe - dass aber auch die Klage aus rein formalen Gründen nicht zulässig sei und abgewiesen werden müsse.

"Juristerei ist spitzfindig, aber wir können uns nicht darüber hinwegsetzen", sagte die Vorsitzende Richterin Marion Pauli-Gerz. "Doch damit wäre die eigentliche Problematik nicht erledigt." Deshalb erklärte sie trotzdem die rechtliche Sichtweise des Gerichts: Es handle sich bei dem Herzstück der Feierbanane längst um ein sogenanntes "faktisches Kerngebiet" - und dort sei Wohnen nur in Ausnahmefällen, wie etwa Hausmeisterwohnungen erlaubt.

Die Vertreter der Stadt meinten zwar, dass es Zeit sei, die Rechtslage der prekären Situation auf dem Münchner Wohnungsmarkt anzupassen. Aber das Gericht winkte ab. Es legte der Stadt nahe, den umstrittenen Bescheid aufzuheben und die Sachlage neu zu prüfen. Dem stimmten schließlich beide Seiten zu, der Rechtsstreit war damit auch ohne Urteil vorerst erledigt.

Die Vertreter der Stadt ließen aber noch nicht durchblicken, ob sie nun das gewünschte Negativattest erteilen wollen. Denn das weitere Vorgehen der LBK ist eine politische Frage: Nimmt man die Niederlage einfach hin - oder will man es trotz der richterlichen Hinweise genau wissen und den Gang durch die Instanzen wagen?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: