Gericht:Mann soll Schwester erdrosselt haben

Tatort, Thalkirchner Straße  56, Mord

In diesem Haus an der Thalkirchner Straße starb Elvira B.

(Foto: Florian Peljak)

Der Angeklagte habe sich nichts anmerken lassen, berichten Verwandte im Prozess

Von Susi Wimmer

Kann man einen Menschen töten und dann einfach zu den alltäglichen Dingen des Lebens übergehen, so, als ob nichts gewesen wäre? Glaubt man den Schilderungen von Andrea B. und György B., so konnte der heute 37-jährige Robert B. das spielend: Laut seinen Aussagen hat sich seine Wut über seine Schwester Elvira am Februar 2016 in ihrer Münchner Wohnung explosionsartig entladen, plötzlich sei die Kordel eines Designer-Schuhsacks um ihren Hals gelegen, da habe er zugezogen. Minuten später telefonierte er mit seinem Cousin György B., der eine Mitfahrgelegenheit nach Gara in Südungarn suchte, und holte ihn in Budapest ab. Abends kam er dann in Gara bei seiner Ehefrau Andrea B. an. Die beiden Verwandten sagten einhellig im Zeugenstand: Es sei ihnen an Robert B. nichts aufgefallen. "Er war wie immer."

Andrea B. ist von Beruf Krankenschwester. Eine zierliche Frau mit schwarzer Lederjacke, dunklen Haaren und grauer Jeans. Als sie den Gerichtssaal betritt, kommt Leben in Robert B. Bis dato saß er regelrecht geknickt auf der Anklagebank, jetzt hebt er den Kopf und spitzt die Lippen zum Kuss in Richtung Ehefrau. Sie erzählt von dem Bruder-Schwester-Verhältnis, das nicht einfach gewesen sein muss. Zweimal, so sagt sie, sei die ältere Schwester ihres Mann zu Besuch in Südungarn gewesen. Ihr Verhalten beschreibt Andrea B. so: "Sie selbst war der perfekteste Mensch auf Erden, alle anderen waren ihr unterlegen." Und das soll Elvira B. die anderen auch spüren haben lassen. Sie soll an Andera B. herumgemeckert, sie beleidigt haben, und auch die Kinder des Paares seien nicht gut genug gewesen. Was ihr Ehemann dagegen unternommen habe, will der Vorsitzende Richter Michael Höhne wissen. "Mein Mann hat das alles zugelassen."

Robert und Elvira B. waren in Ungarn in einem Heim aufgewachsen. Während später Robert B. sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt, zog Elvira B. aus finanzieller Sicht das große Los: Sie heiratete einen Patent-Millionär und erbte nach seinem Tod ein beträchtliches Vermögen. Der einzige in der großen Familie, zu dem Elvira B. noch Kontakt hielt, war Robert B. Sie zahlte ihm 900 Euro im Monat, er reiste sofort an, wenn seine Schwester Handwerksdienste benötigte - oder schlecht drauf war. "Es ging ihr oft schlecht", erzählt die Ehefrau des Angeklagten. "Wenn sie gerufen hat, dann kam er".

Und auch bei illegalen Geschäften schien Robert B. seiner Schwester beizustehen: Um einem späteren Ex-Gefährten eins auszuwischen, meldete sie bei der Polizei den Diebstahl von wertvollen Uhren und bezichtigte den Ex als Täter. Laut Gericht habe sie bei der Versicherung abkassieren wollen und ihrem Bruder Robert B. die Uhren mit nach Ungarn mitgegeben.

Ihr Ehemann sei ein offener Mensch, hatte Andrea B. am Anfang ihrer Befragung gesagt. Von den Uhren habe sie nichts gewusst. Den Tod seiner Schwester habe er ebenso wenig erwähnt. Das versichert auch Cousin György, der nahezu täglich mit Robert B. telefoniert hatte. Und sobald die Fragen heikel werden, kann sich György an nichts mehr erinnern. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, am 3. Mai soll das Urteil fallen.

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