Der Sohn, der sollte es besser haben. Wohl deshalb schickte eine Mutter aus Eritrea 2015 ihren 17 Jahre alten Mojo (Name geändert) alleine nach Deutschland. 2500 Euro zahlte die Familie an eine Schlepperbande für die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer. Jetzt sitzt der 19-Jährige seit mehr als einem Jahr in einer Massenunterkunft - in einer Traglufthalle in Unterhaching - wartet immer noch auf den Entscheid über seinen Asylantrag "und macht nicht viel anderes wie Blödsinn", wie Richter Markus Rhein es ausdrückte.
Zehnmal beim Schwarzfahren in der U-Bahn erwischt? Ja, räumt er ein. Trotz Hausverbots wieder Bier trinkend am Hauptbahnhof rumgehangen? Ja, räumt er auch ein. Ebenso den Joint, den er bei sich hatte. "Vier Anklagen im Jahr 2016, das ist schon beachtlich", hält ihm die Staatsanwältin vor.
Der Angeklagte wirkt resigniert. Er trägt das schwarze Deckhaar in Rasta-Strähnen zu einem Pferde-Schwanz, die Seiten sind kahlrasiert. Der Dolmetscher übersetzt die Anschuldigungen, die Fragen des Richters, doch es kommt kaum eine Antwort zurück. Er habe einen Brief von der Caritas bekommen, zieht ihm der Richter auf die Frage zu seinen Zukunftsplänen aus der Nase. Morgen wolle er eine Schule anfangen. "Morgen?", fragt Rhein nach. Ja, eigentlich schon, aber er könne gar nicht hin, weil er seinen Ausweis verloren habe.
175 Euro erhält der Eritreer pro Monat als Asylbewerber. Er versteht etwas Deutsch, aber er spricht es nicht, der Deutschkurs in der Traglufthalle, wo er mit sechs Männern in einem Zimmer lebt, finde nur in unregelmäßigen Abständen statt, sagt er. Die Flüchtlinge sitzen dort und warten, Mojo seit mehr als einem Jahr.
Am Ende der Verhandlung stehen 48 Stunden gemeinnützige Arbeit bei der "Brücke", einer Institution der Jugendhilfe. Außerdem muss der 19-jährige zwei Tage in Kurzarrest. "Eine Tagesstruktur ist dringend notwendig", meint Richter Markus Rhein. Und als "fühlbare Strafe" der Arrest".