Genug vom Winter:München wartet auf den Frühling

Neue Eissorten beim Italiener, Sommermode in den Schaufenstern, der erste Kaffee vor dem Lieblingscafé in der Sonne: Der Winter ist endgültig vorbei - zumindest für dieses Wochenende.

Von Christiane Lutz

10 Bilder

Frühling

Quelle: Florian Peljak

1 / 10

Ein paar Mal schon riss der Himmel auf in diesem Jahr, und es war für einen Moment so warm, dass man innehalten und das Gesicht der Sonne entgegendrehen musste, die Augen geschlossen, tief Luft holend. Allerdings blieb es bisher bei Momenten. Der Frühling hat selbst Lust auf sich gemacht, aber noch nicht mit seiner Darbietung begonnen.

Die Stadt ist in Habacht-Stellung wie ein Läufer vor dem Startschuss. Die Optiker stellen die neuen Sonnenbrillenmodelle in den Schaufenstern aus, der Blumenstand am Orleansplatz ist erfreulicherweise aus der Winterpause zurückgekehrt, und kühne Obsthändler verkaufen am Marienplatz spanische Erdbeeren und griechischen Spargel.

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

2 / 10

Bei "Fräulein Grüneis" hängt noch der Mistelzweig und im Inneren des Kiosks im Englischen Garten flackert ein Feuer im Ofen, aber Besitzer Henning Dürr sagt: "Heute! Heute früh habe ich zum ersten Mal gedacht: Jetzt ist Frühling. Beide meine Wetter-Apps sagen Sonnenschein fürs Wochenende an. Ist unsre Eistruhe gefüllt?"

Eisbachsurfer in München, 2014

Quelle: Robert Haas

3 / 10

Die für den Englischen Garten zuständigen Gärtner sind auch schon unterwegs, erneuern Kieswege, füllen in aller Seelenruhe Matschlöcher auf, bevor die Massen wieder strömen. Die Surfer, die eisernen, sind sowieso immer da, egal ob Winter oder Sommer. Jogger tragen noch lange Hose und Mütze.

Radlwerkstatt - Frühling in München

Quelle: Lukas Barth

4 / 10

Stefanie List wartet noch. Sie arbeitet in einer Fahrradwerkstatt und ist darauf vorbereitet, dass die Patienten bald zahlreich anquietscht kommen werden, "die meisten mit eingefrorenen Schaltzügen." Vor allem Fahrrädern, die draußen stehen müssen, sieht man einen harten Winter an. Sechs Reparaturen schaffen List und ihre Kollegen am Tag. Wenn im April das Geschäft richtig losgeht, stellt der Laden Aushilfen ein. Noch ist es ruhig in der Werkstatt am Wiener Platz, die meisten Räder schlummern wohl noch in Kellern.

Grünfläche vor dem Eis Cafe Venzia in München, 2013

Quelle: Alessandra Schellnegger

5 / 10

Auch die Eismacher sind bereit. Aus "Lebkuchen-Schmidt" ist am Kurfürstenplatz wieder "Eiscafé Venezia" geworden. Besitzer Carlo Moretto kommt gerade zurück aus Miami Beach, wo er sich den Winter verkürzt hat. Momentan sind es meist Stammgäste, die zum Kaffeetrinken zu ihm kommen. Noch hat er also Zeit, an einer neuen Sorte für den Frühling zu tüfteln. Welche das ist? "Überraschung."

Frühling

Quelle: Florian Peljak

6 / 10

Beim "Verrückten Eismacher" hinter der Universität sind die Truhen prall gefüllt mit frisch zubereiteten Sorten (Neu dabei: "Hackbällchen"). Wo es Eis gibt, kann kein Winter mehr sein. "Eis ist nicht Frühling, Eis ist Sommer", sagt eine optimistische Kundin und schleckt an einer grellgelben Kugel - in Winterjacke und Schal. Das Geschäft laufe langsam wieder an, sagt der Verkäufer, auf dessen T-Shirt "Leck mich" steht: Es hänge stark vom aktuellen Wetter ab. Sobald die Sonne raus blinzele, zack, wollten die Leute Eis haben.

Gartencenter Kölle in München, 2007

Quelle: CATH

7 / 10

Ähnliches sagt auch eine Mitarbeiterin eines großen Gartencenters in München - nicht über Eis, aber über die Lust der Münchner am Blumenkauf. Die Kunden stünden "in den Startlöchern", kauften hoch motiviert schon allerlei Primeln und Nelken für den Balkon. Diese aber, appelliert die Frau dringend, seien doch bitte nachts unbedingt wieder in die Wohnung zu holen, "es ist noch viel zu kalt draußen."

-

Quelle: Alessandra Schellnegger

8 / 10

Die Mode ist der Zeit sowieso immer ein halbes Jahr voraus. Bei "Ludwig Beck" gibt es Frühlingsmode seit Dezember im Angebot und seit Mitte Januar im Schaufenster. Modebewusste Kunden kauften natürlich bereits früh die neue Kollektion, sagt Christian Greiner, Vorstand des Kaufhauses. Aber auch sein Unternehmen spüre den Effekt von Wetterkapriolen. Sprich: Ist es einen Tag warm, wollen alle Blüschen und Röcke kaufen, ist es am nächsten Tag kalt, wandern die letzten Mützen über den Ladentisch.

Frühling

Quelle: Florian Peljak

9 / 10

Der Frühling, er ist in München zur Zeit noch ein zufällig erhaschter Glücksmoment. Er ist, um mit Eduard Mörike zu sprechen, ein recht zaghaft flatterndes "blaues Band", mehr ahnungsvoll als voll da. Er ist da, wo man auf dem Gehweg eines Morgens plötzlich keinen Split mehr unter den Schuhen spürt, der die Absätze monatelang ruinierte: Das Tiefbauamt hat mit dem Wegfegen begonnen. Er ist da, wenn man im Bus um die richtige Kurve biegt und der Sitz kurzfristig zum Sonnendeck wird.

Frühling

Quelle: Florian Peljak

10 / 10

Im Uni-Viertel ist er ohnehin schneller da als im Rest der Stadt, weil dort immer ein Student die Muße hat, sich vor die Konditorei Schneller zu setzen und gepflegt nichts zu tun. Diese Frühlingsmomente sind so schön, weil sie die Menschen eiskalt erwischen, nein, frühlingswarm. Dabei hatten sie schon ganz vergessen hatte, wie sich Sonne auf geschlossenen Augen anfühlt. So richtig ist der Frühling immer noch nicht da. Aber er kommt. Gleich.

© SZ.de/ahem
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: