Genossenschaft:Was die Prüfer der GWG nach der Revision vorhalten

Genossenschaft: Die frei finanzierten Wohnungen im Lilienhof sind offenbar nach undurchschaubaren Kriterien vergeben worden.

Die frei finanzierten Wohnungen im Lilienhof sind offenbar nach undurchschaubaren Kriterien vergeben worden.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Prüfer haben die Vergabepraxis der GWG unter die Lupe genommen.
  • Die Kriterien, nach denen die frei finanzierten Wohnungen vergeben wurden, bezeichnen sie als "undurchsichtig".
  • Diese Wohnungen würden bevorzugt an Verwandte und Bekannte von Mitarbeitern und städtischen Angestellten vergeben, hieß es.

Von Heiner Effern

Die beiden städtischen Gesellschaften GWG und Gewofag verfügen über etwa 65 000 Wohnungen. Sie sind damit das Rückgrat der Politik in ihrem Bemühen, möglichst für jeden Bürger eine Unterkunft in München bereitzustellen. Mehr als 35 000 werden als sogenannte "frei finanzierte" Wohnungen geführt, etwa 30 000 sind mit öffentlichen Mitteln gefördert.

Grundsätzlich gilt: In von der Stadt bezuschussten Einheiten gibt es vergünstigte Mieten, die Interessenten dürfen dabei bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Bei frei finanzierten Wohnungen darf dagegen die Marktmiete verlangt werden, wenn es keine anderweitigen politischen Beschlüsse gibt.

Für die Vergabe geförderter Wohnungen gibt es gesetzliche Vorschriften, für die frei finanzierten haben die städtischen Gesellschaften einen "Belegungsbindungsvertrag" geschlossen. Darin ist festgelegt, dass 85 Prozent dieser Wohnungen über das Sozialreferat laufen, über 15 Prozent darf die jeweilige Gesellschaft frei verfügen. In der Praxis sieht es aber anders aus. Das Sozialreferat sieht sich seit 2012 nicht in der Lage, aus seiner Liste Mieter-Vorschläge an die GWG und die Gewofag zu übermitteln. Grund dafür sind Probleme mit einem Computerprogramm. Die Gesellschaften schlagen also derzeit die potenziellen Mieter aus einer Liste selbst vor, an die sie dann Wohnungen vergeben.

Ein objektives System konnte das Revisionsamt bei seinen Stichproben nicht erkennen. Es sei "nach den Unterlagen der GWG nicht nachvollziehbar, wie vielen und welchen Mietinteressenten die jeweils freigewordene Wohnung angeboten worden ist", heißt es in dem Prüfbericht. Am undurchsichtigsten ist jedoch laut Revisionsamt die Vergabe der 15 Prozent frei finanzierter Wohnungen, über die von der GWG selbst entschieden wird. Als Kriterien gibt sie im Prüfbericht unter anderem soziale Dringlichkeit, eine ausgeglichene Hausgemeinschaft, Sonderfälle von Amtsträgern aller Art, darunter auch Personalgewinnung für die Stadt und ihre Gesellschaften an.

Ausgewählte Menschen in besonderer Lage

Bevorzugt würden diese Wohnungen laut mündlicher Aussage von GWG-Mitarbeitern an Verwandte und Bekannte von Mitarbeitern und städtischen Angestellten vergeben, heißt es im Bericht. "Dies bestätigte sich im Rahmen unserer Stichprobe auch nach den Unterlagen." Bei den Mietern sei nicht nachzuvollziehen, "ob und inwieweit der GWG-Maßstab soziale Dringlichkeit berücksichtigt wurde".

Besonders genau hat sich das Revisionsamt ein Bau- und Sanierungsprojekt in der Au angesehen. Die Wohnungen in attraktiver Lage zwischen Lilienstraße und Auer Mühlbach seien "gezielt einzelnen Mietinteressenten ohne Auswahl- und Vergabeverfahren angeboten und vergeben" worden, stellen die Prüfer fest. Dort zogen unter anderen GWG-Geschäftsführer Hans-Otto Kraus und Stadtrat Mario Schmidbauer (Bayernpartei) ein.

Acht Wohnungen in der Anlage sind zwischen 100 und 150 Quadratmeter groß und laut Genehmigungsplänen jeweils für vier bis fünf Personen angelegt. In einer Liste führt das Revisionsamt detailliert aus, dass fünf Einheiten an zwei Personen gingen, eine von einem Single belegt ist, eine von zwei Personen mit einem Kind und eine von drei Menschen bewohnt wird.

Doch damit nicht genug: Bei vier der insgesamt 63 Wohnungen in der Au spendierte die GWG ihren Mietern laut Revisionsbericht offenbar Sonderwünsche. Das reicht von einer zusätzlichen Sanitärausstattung bis zum Einbau beziehungsweise Weglassen einer Zwischenwand, um den persönlichen Wunsch für einen Wohnungsschnitt zu erfüllen. Ein GWG-Mitarbeiter soll abweichend vom Standard andere Fliesen erhalten haben.

Die GWG räumt auf Anfrage ein, dass Geschäftsführer Kraus eine ihrer Wohnungen gemietet habe. Dafür gebe es einen Beschluss des Aufsichtsrats. Schmidbauer verweist ebenfalls darauf, dass seines Wissens nach ein solcher auch in seinem Fall vorliege. Die GWG sagte den Prüfern laut Bericht in vielen Teilbereichen Besserung zu. Teilweise sei dies schon umgesetzt.

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