Genossenschaft:Mauscheleien bei Wohnungsvergaben: Rathaus knöpft sich GWG vor

Genossenschaft: So idyllisch wohnt es sich an der Lilienstraße: Die GWG-Blöcke liegen direkt unterhalb des Isarhochufers am Auer Mühlbach.

So idyllisch wohnt es sich an der Lilienstraße: Die GWG-Blöcke liegen direkt unterhalb des Isarhochufers am Auer Mühlbach.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Fast alle Fraktionen reagieren mit scharfer Kritik auf die Vorwürfe gegen die städtische Wohnungsgesellschaft.
  • Vor allem die Vergabeverfahren sollen transparenter werden.
  • Derzeit wohnen neben dem Geschäftsführer drei Politiker in einer Wohnung des Unternehmens.

Von Heiner Effern

Nach den Enthüllungen über Mauscheleien bei der Wohnungsvergabe durch die städtische Gesellschaft GWG fordert das Rathaus Konsequenzen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mahnt totale Transparenz bei der Vergabe an.

"Selbstverständlich muss gerade eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft dafür Sorge tragen, dass die Vergabe von Wohnungen - ob sozial gefördert oder frei finanziert - gerecht, transparent und jederzeit nachvollziehbar dokumentiert ist", erklärt der OB, der auch Aufsichtsratschef der beiden städtischen Wohnungsgesellschaften ist.

Das Revisionsamt hatte nach einer Prüfung in einem internen Bericht festgestellt, dass die Vergabepraxis "nicht ausreichend transparent und nachvollziehbar sei". In Teilbereichen kämen bevorzugt Bekannte und Verwandte von Mitarbeitern zum Zuge. Zudem würden große Wohnungen, die für Familien gedacht waren, immer wieder an Paare vergeben. GWG-Geschäftsführer Hans-Otto Kraus und Stadtrat Mario Schmidbauer (Bayernpartei) leben jeweils in solch einer Wohnung.

Die Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Beatrix Zurek (SPD), fordert Konsequenzen bei den angeprangerten Missständen. "Das geht gar nicht, der Aufsichtsrat muss sich damit beschäftigen." Es müsse eine klare Systematik bei der Vergabe geben. Prinzipiell könne bei transparenten Regeln auch ein Stadtrat eine Wohnung beziehen. Im Übrigen müsse aber sichergestellt sein, "dass auch Otto Normalverbraucher eine städtische Wohnung bekommen kann.

Es ist ein Unterschied, ob eine Krankenschwester oder ein Geschäftsführer bedacht wird

"Bei der herrschenden Knappheit an geeignetem Wohnraum ist es einfach Unsinn, große, familiengerechte Wohnungen an Ein- bis Zwei-Personenhaushalte zu vermieten", sagt auch Katrin Habenschaden, Fraktionsvize bei den Grünen. "Das kann so nicht weiter gehen", meint Aufsichtsrat und FDP-Fraktionschef Michael Mattar.

Prinzipiell dürfe die Stadt über Wohnungen schon Personalpolitik betreiben. Es mache aber einen Unterschied, ob man mit der Vergabe eine neue Krankenschwester oder Erzieherin gewinnen wolle oder ob ein Geschäftsführer bedacht werde. "Das lässt sich ausweiten: Die Stadtwerke errichten jetzt ja auch Wohnungen. Die könnten dann für ihren Geschäftsführer auch ein Penthouse bauen."

Mattar stößt noch ein weiterer Punkt auf. CSU und SPD haben sich inoffiziell darauf verständigt, dass sie zwei der drei bald frei werdenden Geschäftsführer-Posten der Wohnungsgesellschaften mit jeweils einem ihrer Stadträte besetzen wollen. "Das muss man ganz kritisch sehen. Wenn man die Geschäftsführung beider Gesellschaften in die Hand von Stadträten gibt, besteht die Befürchtung, dass das dann so weiter geht", sagt Mattar.

Große Kenntnisse von Gesetzen, aber nicht von der Realität

OB Reiter will sich dazu nicht äußern, wie auch zu Details des Prüfberichts. Zuerst will er im Aufsichtsrat darüber diskutieren, gleich in der Sitzung in der kommenden Woche. "Dort erwarte ich eine genaue Darstellung des Sachverhaltes." Sein Stellvertreter im Aufsichtsrat, CSU-Fraktionsvize Marian Offman, verteidigt die GWG.

Die Prüfung des Revisionsamtes zeige große Kenntnis von Gesetzen und Vorschriften, dafür aber sehr wenig praktische Einsicht in den Wohnungsmarkt. Ein entscheidendes Vergabekriterium sei, dass der Mieter sich eine frei finanzierte Wohnung überhaupt leisten könne. Das sei oft bei Familien nicht der Fall, wenn die Größe 100 oder 120 Quadratmeter übersteige.

Die GWG verweist auf einen Beschluss des Aufsichtsrates noch aus der Zeit von OB Christian Ude, dem eigenen Geschäftsführer die Wohnung zu vermieten. Umbauten seien nur erfolgt, wenn der GWG keine Kosten entstünden.

Veränderungen bei der Vergabe für frei finanzierte Wohnungen "sind bereits umgesetzt oder noch in Planung". Des Weiteren werde derzeit geprüft, ob Bekannte oder Verwandte von Mitarbeitern Wohnungen erhalten hätten. Insgesamt lebten drei Stadträte in Wohnungen der Gesellschaft.

Die Gewofag erklärte auf Anfrage, dass ihre Geschäftsführer nicht in einer städtischen Wohnung lebten. Zu Stadträten gebe man aus Datenschutzgründen keine Auskunft. Für das Eigenkontingent gebe es seit 2014 "klar definierte, vom Aufsichtsrat beschlossene Vergaberichtlinien".

Dennoch sieht man offenbar noch Bedarf nach Klärung. "Die Gewofag wird eine interne Untersuchung zur Vergabepraxis im Rahmen des Eigenvergabekontingents durch einen externen und unabhängigen Prüfer durchführen lassen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: