Geheimdienst in Pullach:BND plant teuren Neubau

BND Zentrale in Pullach, 2013

Überwachungskameras im Eingangsbereich zum Gelände des Bundesnachrichtendienstes in München Pullach.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Trotz seines Umzugs nach Berlin plant der BND in Pullach einen Neubau. Der Geheimdienst will die Abteilung Technische Aufklärung am alten Standort belassen - und investiert dafür einen dreistelligen Millionenbetrag.

Von Jürgen Wolfram, Pullach

Der Bundesnachrichtendienst (BND) plant nach seinem Berlin-Umzug am alten Standort Pullach einen teuren Neubau mit "hochtechnischer Anbindung". Er soll einen dreistelligen Millionenbetrag kosten, bis 2022 fertig sein und der Abteilung "Technische Aufklärung" dienen, die nach dem Ortswechsel aller anderen Mitarbeiter langfristig an der Isar bleibt.

Betroffen sind 1020 "Dienstposten" von insgesamt 6500 Stellen beim BND. Das Vorhaben wird nicht von der Behörde selbst, sondern laut BND vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung vorangetrieben. Dort sah man sich am Mittwoch außerstande, "auf die Schnelle" Zuständigkeiten und Daten zu verifizieren. Langlebig waren diese in der Vergangenheit selten.

Beim BND (Etat 2014: 559 Millionen Euro) ist die Öffentlichkeit erst recht an Nachrichten von geringer Halbwertzeit gewöhnt. Immer wieder haben sich die Baukosten für die neue Zentrale des Geheimdienstes in Berlin erhöht, ein ums andere Mal verzögert sich der Fertigstellungstermin. Im ersten Fall ist von mindestens 1,1 Milliarden Euro die Rede, im zweiten lautet die aktuelle Durchsage der Bundesbehörde "Ende 2016 plus möglicherweise ein paar Monate".

Im Rathaus wundert man sich

Was bei den Diskussionen um den begonnenen Wechsel des BND von Pullach in die Bundeshauptstadt zuletzt meistens unterging: Auch an seinem angestammten Standort vor den Toren Münchens wird der Dienst unübersehbar präsent bleiben. Vor etwa einem Jahr erst hat er dort ein neues Rechenzentrum in Betrieb genommen. "Das war sozusagen ein Vorbote", sagt BND-Pressesprecher Martin Heinemann.

Über die große Investitionsfreude an einem Standort, der vermeintlich weitgehend aufgegeben werden sollte, wundert man sich nicht zuletzt im Rathaus der Gemeinde Pullach. "Wir wissen zwar, dass an der Heilmannstraße Sanierungen, Neu- und Umbauten geplant sind", sagt der Chef der Bauverwaltung, Jürgen Weiß, "aber wirklich in Kenntnis gesetzt werden wir über diese Vorhaben nicht." Dabei habe man sich unlängst mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben noch auf einen besseren Informationsfluss verständigt.

"Extremen Verkleinerung" des BND-Geländes

Aus Sicht des BND sind die massiven Baumaßnahmen am Isarhochufer nur logisch. Das gesamte Umzugsprojekt gehe einher mit "funktionaler Konzentration", erläutert Heinemann, und diese wiederum mit einer umfassenden Modernisierung der technischen Infrastruktur. Die Kostenschätzungen von bis zu 300 Millionen Euro für den geplanten Neubau will der BND-Sprecher nicht bestätigen. Teils, weil solche Angaben in Anbetracht "eines Baubeginns nicht vor 2017" viel zu früh wären, teils, weil seine Behörde gar nicht selber mit der Bauausführung befasst sei.

An der "extremen Verkleinerung" des BND-Geländes in Pullach von gut 68 auf 15 Hektar ändere sich trotz der regen Bautätigkeit nichts, versichert Heinemann. Eben darauf hofft die Gemeinde Pullach, der nach dem Umzug der meisten Aufklärer die Planungshoheit über das weitläufige Gelände zufällt. Die Pullacher wollen möglichst viel Grund und eine ganze Reihe der mehr als 90 Gebäude erwerben, die dort stehen.

Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) hat kürzlich erst öffentlich über mögliche Verwendungszwecke nachgedacht. Bildungseinrichtungen, Kindertagesstätten, Ateliers und maßvoller Wohnungsbau seien vorstellbar. Weil es sich bei dem Areal um historisches Gelände handelt - hier ließen die Nazis von 1936 an die Reichsmustersiedlung Rudolf Hess (auch "Siedlung Sonnenwinkel") errichten, hier nahm nach 1945 die Organisation Gehlen ihre Arbeit auf, die Vorläuferin des BND -, denkt der Gemeinderat auch über ein Dokumentationszentrum im ehemaligen Stabsleiterhaus nach.

Umstritten ist, ob die Wohngebäude renoviert oder durch Neubauten ersetzt werden sollten. Um sich einen genaueren Überblick über die BND-Immobilien zu verschaffen, begaben sich die Gemeindevertreter kürzlich auf Erkundungstour durch das riesige Gelände. Bürgermeisterin Tausendfreund hat nach eigenen Worten dem BND-Präsidenten Gerhard Schindler die Zusage abgerungen, keine Grundstücke an Dritte zu verkaufen, ohne vorher die Gemeinde zu fragen.

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