Gegen Politikverdrossenheit:Kinder an die Urne

Bei der U-18-Wahl können Jugendliche ihre Stimme abgeben

Von Marco Wedig

"Bist du bei den Jusos?", fragte Martin Schulz vor Kurzem einen Jugendlichen. "Nein, ich bin bei Instagram", antwortete der junge Mann. Diese Wahlkampfanekdote könnte exemplarisch für die angebliche Politikverdrossenheit der Jugend stehen. Doch steht dieser die "Jugendverdrossenheit der Politik" gegenüber, heißt es im Konzept der U18-Initiative. Kinder und Jugendliche würden nur marginal als Zielgruppe für Politik wahrgenommen.

Die U-18-Wahlen sollen die politsche Beteiligung junger Menschen stärken. Koordiniert vom Deutschen Bundesjugendring finden sie seit 1996 immer neun Tage vor der eigentlichen Landtags-, Europa- oder Bundestagswahl statt. Und so öffnen am Freitag bundesweit die Wahllokale für alle unter 18 Jahren. In München sind die Freizeitstätte Kiste, der JDAV-Bezirksverband München, das Jugendinformationszentrum, der Kinder-und Jugendtreff Come In sowie der PC-Pool der Feierwerk Südpolstation dabei. Auch in der Mittelschule an der Wittelsbacherstraße werden Stimmen gezählt. Dort sind die Urnen allerdings nur für die eigenen Schüler geöffnet.

Anders als bei der Wahl für die Erwachsenen gibt es bei der U-18-Wahl kein Wahlregister. Das bedeutet, dass auch Minderjährige, die keinen deutschen Pass besitzen, wählen dürfen. Unter diesen Kindern und Jugendlichen sei die Resonanz bisher besonders groß, berichtet Magdalena Richter, die die U-18-Wahl für das Jugendinformationszentrum organisiert. Damit die Jungwähler gut informiert ihre Entscheidungen treffen können, hat sich Richter schon vor einiger Zeit Unterlagen von der Bundeszentrale für Politische Bildung schicken lassen. Die Initiative U 18 stellt zudem eigene Materialien zur Verfügung. So wurden acht Bundesparteien um Antworten auf 18 Fragen gebeten. Befragt wurden CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke, FDP, Piraten sowie die AfD. Letztere lieferte keine Antworten.

An der U-18-Bundestagswahl 2013 nahmen bundesweit 198 365 Kinder und Jugendliche teil. Damals kamen all die Parteien über fünf Prozent, die später auch in den Bundestag einzogen - und zusätzlich die Piratenpartei, die auf auf 12 Prozent kam. Das liegt womöglich daran, dass in anderen Parteien Menschen über die Digitalisierung diskutieren, für die das Internet Neuland ist. "Aber für Kinder und Jugendliche ist offline und online die gleiche Realität", sagt Regina Renner, Referentin für Jugendpolitik des Bayerischen Jugendrings. Minderjährige würden viele politische Themen aus einer anderen Perspektive betrachten, nicht nur die Digitalisierung. Junge Menschen sähen zum Beispiel den Flüchtlingszuzug deutlich positiver. Insofern darf man auf das Ergebnis vom Freitag gespannt sein.

Weitere Informationen: www.u18.org/bundestagswahl-2017

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