Gefängniswärterin beliefert Insassen:Liebe im Knast

Sie gaben sich Küsschen und schrieben sich Liebesbriefe - und die halbe Justizvollzugsanstalt Stadelheim wusste von dem Verhältnis. Doch die Gefängniswärterin soll dem Gefangenen auch Handys und Muskelaufbau-Präparate in den Knast geschmuggelt haben. Nun musste sie sich vor Gericht verantworten.

Von Christian Rost

Sie gaben sich Küsschen und schrieben sich Liebesbriefe im Gefängnis - und die halbe Justizvollzugsanstalt Stadelheim wusste von dem Verhältnis der Vollzugsbeamtin Ulrike V. mit dem Gefangenen Andreas B. Das Techtelmechtel brachte der 24-jährigen Obersekretärin zunächst ein längeres Gespräch mit ihrem Vorgesetzten ein. Weil sie für ihren Freund aber auch Handys und Muskelaufbau-Präparate in den Knast geschmuggelt haben soll, wurde die Frau im November 2011 suspendiert und angeklagt. Am Mittwoch musste sie sich wegen Bestechlichkeit am Amtsgericht verantworten.

Staatsanwalt Andreas Franck hielt Ulrike V. vor, sich an einem "schwunghaften Handel" mit Mobiltelefonen und anderen verbotenen Gegenständen in der Anstalt beteiligt zu haben. Nachweisen wollte die Anklage der Passauerin jedenfalls zwei konkrete Fälle: Einmal habe sie Andreas B., der eine siebenjährige Haftstrafe wegen Drogendelikten absaß, ein Handy mitgebracht. Ein andermal soll er Eiweißpräparate bei ihr bestellt haben, wobei es aber zu keiner Lieferung kam. Ulrike V. räumte eine Handylieferung ein. "Das war aber alles." Ansonsten habe sie für B. nur einmal von einem Mann am Ostbahnhof 300 Euro entgegengenommen - wofür das Geld gewesen sei, habe sie nicht gewusst.

Der inzwischen aus der Haft entlassene Andreas B., der mit Ulrike V. nun einen Schrotthandel betreibt, entlastete seine Verlobte nach Kräften. Er habe in der JVA Handys verkauft, gab der 36-Jährige rundheraus zu, wie übrigens viele andere Gefangene auch. Der Preis je Gerät: bis zu 1200 Euro. Ulrike V. habe sich an dem Handel aber nicht beteiligen wollen, obwohl er sie dazu gedrängt habe. Das Handy, das sie ihm mitgebracht hatte, soll den beiden nur zum Turteln gedient haben. "Wir konnten uns ja nicht einfach treffen", so B.

Blieb die Frage, wie mehrere hundert Handys, die in der JVA gefunden wurden, dorthin gekommen sind. Zwei ehemalige Vollzugsbeamte wurden bereits als Lieferanten überführt und teils zu Haftstrafen verurteilt. Ein anderer Weg für verbotene Gegenstände sei über die Wäscherei der JVA gelaufen, die für mehrere große Firmen und auch für Wiesenzeltbetreiber Textilien reinigt, sagte Andreas B. Die Telefone seien verborgen in der schmutzigen Wäsche in die JVA geliefert worden. Ob diese Geschichte stimmt, oder ob der Mann nur seine Freundin aus der Schusslinie nehmen wollte, wie der Staatsanwalt vermutete, blieb offen. Das Schöffengericht verurteilte Ulrike V. zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: