Gefährliche Droge "Badesalz":Erst Wahnsinnstrip, dann Notaufnahme

Schwere Halluzinationen, Selbstmordgedanken, plötzliche Aggressionen: Die Designerdroge "Badesalz" verbreitet sich in Deutschland rasant. Sie ist leicht zu bekommen - und lebensgefährlich.

Beate Wild

Verboten sind sie nicht, aber gefährlich. "Wenn es gut geht, tanze ich stundenlang, aber ich bin schon einmal mehrere Tage darauf hängengeblieben", beschreibt Rita Morales, die in Wirklichkeit anders heißt, das russische Roulette mit den neuen Drogen, deren Konsum in Deutschland wächst.

Badesalz, Drogen, Droge, Designer-Droge

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(Foto: picture alliance / dpa)

Sie heißen "Wicked", "Ecko", "Rush Hour" oder "Djungle Dust", sind verpackt in kleinen bunten Tütchen und werden unter dem Namen "Badesalz" verkauft. Sie werden geschluckt oder geschnieft und sollen ein Gefühl der Euphorie hervorrufen. Doch die Nebenwirkungen, die den Konsumenten drohen, sind fatal: Herzrasen, Hyperaktivität, unangenehme Kältegefühle, Wahnvorstellungen, Paranoia, Aggressionen und Selbstmordgedanken.

Die 25-jährige Rita Morales ist Studentin in München und geht jedes Wochenende "so richtig steil". Damit meint Morales, dass sie freitags und samstags mit Freunden feiert bis zum Morgengrauen - und dabei auch Drogen konsumiert. "Badesalz" hat sie schon oft genommen. "Es putscht auf, macht redselig und für ein paar Stunden wirklich gute Laune", sagt Rita. "So ähnlich wie Ecstasy oder MDMA." Doch die Wirkung kann man nicht kontrollieren. "Ich weiß nie, wie es wirkt. Einmal musste ich zur Stabilisierung in die Klinik", erzählt sie und wird verlegen dabei. Dann flüstert sie: "Gott sei Dank ist es gut ausgegangen."

"Badesalz" kursiert seit einigen Monaten verstärkt in deutschen Großstädten, auch in München. Es wird den sogenannten Designerdrogen zugerechnet, auch "legal highs" genannt. "Die Konsumenten riskieren ihre Gesundheit", sagt Bernd Kreuzer vom 
Drogendezernat des Landeskriminalamts Bayern. "Jeder, der so etwas nimmt, begibt sich auf einen Blindflug", warnt er.

Die Notfall-Einlieferungen in den Krankenhäusern häufen sich. Professor Felix Tretter, Chefarzt der Suchtabteilung des Münchner Isar-Amper-Klinikums, hatte wegen den neuen synthetischen Drogen in den vergangenen Monaten mit ein Dutzend Psychosen zu tun. Er rät eindringlich vom Konsum von "legal highs" ab: "Die Patienten, die bei uns landen, sind völlig desorientiert, haben schwere psychotische Ausfälle und tragen dauerhafte Schäden davon." Viele der Eingelieferten werden von der Notaufnahme direkt in die Psychiatrie überstellt.

Unberechenbare Wirkung

Vor kurzem gab es etwa den Fall eines 15-Jährigen, der nach dem Konsum von "Badesalz" extreme Aggressionsschübe hatte, im Zug andere Passagiere angriff und schließlich mit einer Psychose in der Klinik landete. Und dort wird er erst einmal bleiben müssen. Ein anderer Teenager schluckte zum ersten Mal in seinem Leben die Designerdroge und sofort versagten seine Nieren. Von dem einen Vorfall trägt er irreparable Nierenschäden davon, wird später vermutlich Dialyse-Patient werden, erzählt Kreuzer vom LKA.

"In Foren im Internet tauschen sich die Kunden über die verschiedenen Rauschmittel aus, doch da sich die Zusammensetzungen ständig ändern, weiß man beim nächsten Mal nie, was man kauft", sagt Kreuzer. Manchmal werden diese neuen synthetischen Drogen auch unter dem Decknamen "Kunstdünger" oder "Raumlufterfrischer" verkauft. Ihr Inhaltsstoff ist Mephedron oder eine chemische Abwandlung davon.

Zu bekommen sind die neuen Drogen recht leicht. Oft sind sie nicht einmal illegal, weil sie eine derart neuartige Zusammensetzung beinhalten, dass sie nicht unter das Betäubungsmittelrecht fallen und deshalb gesetzlich nicht verboten worden sind. Meist dauert es ein Jahr bis die neuen Substanzen auf dem Index landen. Doch wenn das passiert, haben sich die Drogenköche schon längst ein neues Rezept überlegt, das noch nicht verboten ist.

Das Problem an "Badesalz" liegt für Kreuzer auch an der Verharmlosung. "Die jungen Leute sehen es als Partydroge, sie wollen Spaß haben", sagt er. Dass es so schnell so fatal enden kann, damit rechnen sie nicht. "Die neuen Designerdrogen übertreffen herkömmliche Drogen in ihren Nebenwirkungen um ein Vielfaches." Im Durchschnitt sind die "Badesalz"-Konsumenten Anfang bis Mitte 20.

Einfach im Internet bestellen

Ein weiteres Problem ist laut Kreuzer die leichte Verfügbarkeit. In diversen Internetshops kann man das Rauschgift bequem per Post nach Hause ordern. In Europa gibt es schätzungsweise 600 Internet-Shops für diese Drogen, alleine in Deutschland rund 25. Aber auch in Läden in München kann man "Badesalz" erstehen.

Rita Morales berichtet etwa von einem Piercingstudio, das unter der Theke die Designerdroge verkauft. "Man muss nur danach fragen, dann bekommt man sie", sagt sie. Ein Gramm kostet zwischen 20 und 50 Euro, ist also wesentlich billiger als Kokain, für das man um die 100 Euro bezahlen muss. "Und auch in einer Bar im Glockenbachviertel haben die Barkeeper "Badesalz" auf Lager, wenn der Gast es wünscht."

Kreuzer und seine Kollegen vom LKA verfolgen vor allem die Verkäufer der Rauschmittel. Alleine im vergangenen Jahr wurden etwa 3000 Personen in Bayern hochgenommen. "Wir überziehen die Verkäufer mit Verfahren", sagt Kreuzer. Denn wenn auch der Konsum legal ist, ist es der Verkauf nicht. Sieben bis zehn Jahre Haft drohen den Dealern.

Doch der Kampf von Kreuzer gegen die neuen Drogen ähnelt dem Kampf von Don Quichote gegen die Windmühlen. Die synthetischen Rauschmittel nehmen derzeit rapide zu, jährlich schätzungsweise um hundert Prozent. Diesem Zuwachs stehen die Ermittler hilflos gegenüber. "Man kann die jungen Leute nur warnen, dieses Zeug zu konsumieren", sagt Kreuzer. "Es ist ein Highway to Hell".

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