Gefährliche Körperverletzung:Kioskbesitzer bewirft Kind mit Münzen - Bewährungsstrafe

Cent-Münzen

Bis zu fünfzig einzelne Münzen müssen Verkäufer von einem Kunden annehmen, das legt eine EU-Verordnung fest.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
  • Bezahlen nur mit Cent-Stücken? Weil eine Frau das öfter gemacht haben soll, ist ein Kioskbesitzer offenbar in Rage geraten.
  • Als die 32-Jährige einen Fahrschein und einen Lutscher für ihre Tochter kaufen wollte, bewarf er das Kleinkind mit den Münzen.
  • Nun wurde der Mann wegen gefährlicher Körperverletzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Von Andreas Salch

Ein Kioskverkäufer, der einem Kleinkind Münzen ins Gesicht geworfen hat, ist vor dem Amtsgericht München wegen gefährlicher Körperverletzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Mutter des Kindes wollte Anfang Dezember vergangenen Jahres bei dem 58-Jährigen in der U-Bahnstation Schwanthalerhöhe einen Fahrschein und einen Lutscher für ihre kleine Tochter angeblich nur mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen bezahlen. Darüber soll der Kioskverkäufer so in Rage geraten sein, dass er die Münzen nach dem Mädchen warf, das in seinem Kinderwagen lag. Eine traf es an der Unterlippe. Es schrie laut auf.

Der Angeklagte schwieg vor Gericht. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Fischer, gab eine Erklärung ab und sagte, sein Mandant habe die Münzen "möglicherweise mit einer energischen Bewegung" vom Tresen geschoben. Das Kind habe er damit nicht treffen wollen. Außerdem habe die Besitzerin des Kiosks der Mutter bereits ein Hausverbot erteilt, weil sie in der Vergangenheit ständig mit Cent-Münzen bezahlt habe.

Hausverbot in der U-Bahnstation? Richterin Ines Tauscher stutzte. Die Kioskchefin habe sicherlich nicht das Hausrecht. Wohl schon eher die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), so die Richterin. Außerdem belehrte sie den Verkäufer, dass er laut einer EU-Verordnung sogar dazu verpflichtet sei, bis zu 50 einzelne Münzen von einem Kunden anzunehmen. Bevor Richterin Tauscher die Mutter vernahm, verstieg sich der Anwalt des 58-Jährigen zu der Annahme, dass diese "möglicherweise anders tickt" - warum sagte er nicht. Die 32-Jährige ist Ausbilderin im Einzelhandel bei einem großen Münchner Unternehmen.

"Guten Morgen" habe sie zu dem Verkäufer an jenem Tag gesagt, berichtete sie bei ihrer Vernehmung. Doch der habe sich die Haare gerauft und den Kopf geschüttelt. Als sie ihm sagte, sie wolle ein Fahrkarte und für ihr Kind einen Lutscher kaufen, habe der Angeklagte entgegnet: "Wegen eines Scheiß-Lutschers rufst Du mich?" Dann habe er ihrer Tochter die Münzen ins Gesicht geworfen. "Du und dein Scheiß-Kind", habe sie der 58-Jährige angeblafft und sei mit geballten Fäusten in dem Kiosk hin- und hergelaufen. Dann habe er "wie ein Stier" vor ihr gestanden. Ihre Tochter habe an der Lippe etwas geblutet, so die Mutter. Den fälligen Betrag habe sie mit einem Schein und mehreren Münzen bezahlen wollen und keineswegs nur mit Ein- und Zwei-Cent-Stücken.

Der Münzwurf war nicht ungefährlich. Laut dem Gutachten eines Gerichtsmediziners stamme die Verletzung an der Lippe des Kindes sicherlich von einer Münze. Glücklicherweise sei es nicht am Auge getroffen worden. Eine Hornhautverletzung sei dann "ohne weiteres vorstellbar", so der Forensiker. "Sie sind auf ein wehrloses Kind losgegangen", hielt Staatsanwältin Melanie Rochner dem Kioskverkäufer vor. Sie forderte ein Jahr Haft auf Bewährung. Der Verteidiger verlangte einen Freispruch, da der Angeklagte das Kind nicht habe treffen wollen.

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