Gedenkort für Olympia-Attentat:Siegesfeier auf dem Rodelhügel

Rodelprotest

Rodelprotest Im Olympiapark am Connollyberg rodeln Kinder im Grünen als Aktion zum Erhalt des Berges. Fotografiert am 16. Oktober 2014.

(Foto: Sonja Marzoner)

Der Schlittenberg im Olympiapark bleibt erhalten: Kritiker werten die Aufgabe des ursprünglichen Standortes für den Gedenkort des Olympia-Attentats als Erfolg - Politiker der SPD bestehen aber weiterhin auf eine Bewohnerversammlung.

Von Thomas Kronewiter

Am meisten freut sich im olympischen Dorf vermutlich gerade Julia Kufner. Die acht Jahre alte Schülerin ist nicht nur eine leidenschaftliche Schlittenfahrerin. Sie hat nun auch tagelang unermüdlich Unterschriften gesammelt - seit die Absicht bekannt geworden war, den Connollyberg im Olympiapark zum Standort des geplanten Gedenkortes zur Erinnerung an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 zu machen.

Der nun von Kultusminister Ludwig Spaenle verkündete Verzicht auf den Rodelhügel hat deshalb am Donnerstag im Olympiadorf bei vielen Überraschung, aber auch Euphorie ausgelöst. Das "Rodeln im Grünen", ursprünglich als Aktion zur Rettung des Connollybergs angesetzt, wurde kurzerhand zur Siegesfeier umetikettiert.

Viele Unterschriten gegen eine Bebauung

Das unerwartet deutliche "Nein zur Bebauung des Connollybergs" der Anwohner, bis Donnerstagmittag auf 991 Unterschriften angewachsen, hat den zuständigen Minister sehr rasch zum Einlenken gebracht. Initiatorin Jennie Niedermaier ist nachträglich froh, dass die von ihr unabhängig von Parteien und sonstigen Organisationen ins Leben gerufene Widerstandskampagne "ohne große Zerwürfnisse ausgegangen" sei. Schön sei, dass nun "das Gespräch gesucht wird". So wollen die Organisatoren auch ihr Sommerrodel-Picknick verstanden wissen. Es sei ja nicht zuletzt darum gegangen, auch untereinander ins Gespräch zu kommen, sagt ein Anwohner.

Wie verärgert man nach wie vor im Viertel über die mangelnde Einbindung bei der Standortsuche für das Denkmal ist, zeigte am Vorabend die Sitzung des örtlich zuständigen Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart. Auf einen Vorstoß der Olympiadorf-SPD hin beschloss das Bürgergremium - gegen die Stimmen von CSU und FDP - die Abhaltung einer Einwohnerversammlung. Die Bewohner seien übergangen worden, der Informationsmangel mitverantwortlich für die starke Ablehnung des Vorhabens.

Zum Zeitpunkt der Debatte im Bezirksausschuss lag die Information, wonach das Denkmal nun doch nicht auf den Connollyberg kommt, den Stadtteilvertretern noch gar nicht vor. Auch am Tag danach halten jedoch die Antragsteller an ihrer Absicht fest, Informationen aus erster Hand an einem eigenen Informationsabend zu erbitten. Auch von dem bereits vereinbarten Besuch des Kultusministers in der November-Sitzung gehen die Lokalpolitiker weiterhin aus, die CSU-Fraktion hätte diesen Besuch sogar für ausreichend gehalten.

Suche nach neuem Standort

Kultusminister Ludwig Spaenle (ebenfalls CSU) hatte bereits nach den ersten Protesten deutlich gemacht, intensiv das Gespräch suchen zu wollen. Am Projekt selbst und seiner Realisierung durch das Tirschenreuther Architekturbüro Brückner + Brückner hält der Minister fest. Er will nun in einem Radius von einigen 100 Metern um den Connollyberg einen neuen Standort suchen lassen.

Die Milbertshofener SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann freut sich über eine "zweite Chance". Das "späte Einlenken des Kultusministers" zeige, dass es "ohne echte Bürgerbeteiligung nicht geht". Nun sei darauf zu achten, nicht bloß die Anwohner, sondern auch Akteure wie die Israelitische Kultusgemeinde einzubinden.

Claudia Kufner, Mutter der achtjährigen Julia, freut sich unterdessen über eine "superschöne Entwicklung". Man sehe, dass man durch Bürgerinitiative viel erreichen könne. Die Kufner-Familie steht beispielhaft für die emotionale Bedeutung des Rodelhügels am Kolehmainenweg für die Olympiadörfler: Ihr Mann, sagt Claudia Kufner, habe auf dem Connollyberg vor vielen Jahren "seinen allerersten Skikurs" gemacht.

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