Geburtstag:Freund leiser Töne

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Zwei Oberhirten im nahezu selben Alter: Der frühere Papst Benedikt XVI. ist ein knappes Jahr älter als Friedrich Wetter. Die Aufnahme entstand bei seinem Besuch in seinem Heimatbistum im Jahr 2006. (Foto: Matthias Schrader/DPA)

An diesem Dienstag wird Kardinal Friedrich Wetter 90 Jahre alt

Von Jakob Wetzel

Im Stillen ist er noch immer präsent: Da feiert Kardinal Friedrich Wetter hier einen Gottesdienst, da segnet er da eine Mariensäule oder spendet dort Jugendlichen die Firmung. Als katholischer Seelsorger ist der frühere Erzbischof von München und Freising nach wie vor aktiv. Nur in der Öffentlichkeit steht er nicht mehr. Doch ein Mann der lauten Töne ist er, anders als sein Nachfolger Reinhard Marx, ohnehin nie gewesen. An diesem Dienstag feiert Wetter seinen 90. Geburtstag.

Von 1982 bis 2007, ein Vierteljahrhundert lang, war Friedrich Wetter Erzbischof von München und Freising, danach leitete er die Erzdiözese übergangsweise für ein Jahr, bis ein Nachfolger bestimmt war. In jener Zeit machte Wetter zuweilen Schlagzeilen. Einmal rief er Entrüstung hervor, weil er straffreie Abtreibungen mit einem Sexualmord verglichen hatte. 1995 organisierte er eine Kundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz gegen das Kruzifix-Urteil, mit dem das Bundesverfassungsgericht erklärt hatte, die bayerische Vorschrift, in jedem Klassenzimmer der Volksschule habe ein Kreuz zu hängen, sei nichtig. Mit politischen Zwischenrufen hielt sich der Kardinal aber meist zurück. Und so ist er in seinem Bistum auch nicht als politischer Lenker in Erinnerung geblieben, sondern als menschlicher Erzbischof, als einer, der zuhören konnte - und als einer, der die Nöte seiner Kirche wahrgenommen hat.

"Erster Pfarrer" seines Bistums wollte Wetter stets sein. Weil Priester fehlten, legte bereits er Pfarreien zu Verbänden zusammen. Er ließ es aber auch zu, dass Gemeinden nicht von Priestern geleitet wurden, sondern von anderen, ungeweihten Katholiken; so wollte er die Laien einbinden und die Priester entlasten. Es waren Gehversuche, die unter Marx ein Ende fanden, zumindest vorerst: Derzeit vollzieht die Kirche eine Rolle rückwärts; in drei Modellprojekten sollen nun neue Leitungsmodelle erprobt werden. Wetter kann sich davon bestätigt fühlen. Reingeredet aber hat er seinem Nachfolger nicht.

Wetter stammt aus Landau in der Pfalz, er lehrte Fundamentaltheologie in Eichstätt und Dogmatik in Mainz. 2018 feiert er nicht nur seinen 90. Geburtstag, sondern zwei weitere Jubiläen: 1953, vor 65 Jahren, wurde er in Rom zum Priester geweiht. 1968, vor einem halben Jahrhundert, wurde er in seinem Heimatbistum Speyer Bischof. Auf eigenen Wunsch hin feiert er seine Jahrestage mit einer einzigen, gemeinsamen Feier am 1. Juli.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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