Geburten:Stadt startet Hotline für Schwangere, die keine Hebamme finden

Hebamme bei der Untersuchung

Dass jede Schwangere auch eine Hebamme für die Betreuung vor und nach der Geburt findet, ist in München nicht selbstverständlich.

(Foto: dpa)
  • Anfang August startet das städtische Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) gemeinsam mit dem Geburtshaus München eine Hebammen-Hotline.
  • Schwangere Frauen, die in der Stadt trotz langer Suche keine Hebamme finden, sollen sich an den Notdienst wenden können.
  • Die Stadt hat zudem ein Existenzgründungsprogramm für Hebammen initiiert und den Umzug des Geburtshauses in größere Räumlichkeiten unterstützt.

Von Inga Rahmsdorf

Schwangere Frauen müssen in München meist lange Listen durchtelefonieren, bevor sie eine Hebamme finden, die sie nach der Geburt betreut. Die Suche ist mühsam und nicht immer erfolgreich. Es fehlen Hebammen in der Stadt, und zudem steigt seit Jahren die Zahl der Neugeborenen. Frauen, die sich erst spät in der Schwangerschaft um eine Hebamme kümmern oder die nicht wissen, dass sie Anspruch auf eine Vor- und Nachsorge zu Hause haben, gehen oft leer aus.

Schwierig wird es auch, wenn der Geburtstermin in den Sommer- oder Weihnachtsferien liegt. Wer keine Hebamme findet, ist nach dem Verlassen der Klinik häufig auf sich allein gestellt, wenn Probleme beim Stillen oder mit dem Baby auftreten.

Nun soll es eine neue Anlaufstelle geben, an die sich Frauen im Notfall wenden können: Anfang August startet eine Hebammen-Hotline in München. Sie ist ein Pilotprojekt des städtischen Referats für Gesundheit und Umwelt (RGU) in Zusammenarbeit mit dem Geburtshaus München. Den Mangel an Hebammen kann dieses Angebot zwar nicht beheben. Es geht vielmehr darum, kurzfristig frei werdende Kapazitäten der Hebammen besser nutzen zu können. Schließlich ist es gerade in dieser Branche schwierig, im Voraus genau zu planen, denn viele Babys kommen vor oder nach dem errechneten Geburtstermin zur Welt. Die Telefonhotline ist da eine Art Last-Minute-Vermittlung zwischen Hebammen und Familien.

Eine reguläre Vermittlung könne sie dagegen nicht bieten, betont Katharina Fröhlich, die für das Projekt zuständig ist. Schwangere müssen sich weiterhin selbst um eine Hebamme kümmern. Wer aber keine findet und nicht mehr weiter weiß, kann sich in Notfällen an die Telefonhotline wenden. Fröhlich, die bereits als Hebamme im Geburtshaus gearbeitet hat, wird von August an montags bis freitags täglich Telefonsprechzeiten anbieten und auch per E-Mail erreichbar sein. Die Telefonnummer und E-Mail-Adresse wird das Gesundheitsreferat noch bekannt geben. Ziel sei es, ein Netzwerk aufzubauen, von dem nicht nur die Familien profitieren, sondern auch die Hebammen.

Fröhlich kann über einen Verteiler konkrete Anfragen an sie verschicken und die Geburtshelfer können sich umgekehrt mit frei gewordenen Daten an die Hotline wenden. Schwangere beraten darf Fröhlich am Telefon nicht, und sie kann auch nicht garantieren, dass sie noch eine Hebamme finden wird. Sie kann bei Bedarf aber an Fachstellen wie beispielsweise Stillberatungen und die Kinderkrankenschwestern des RGU verweisen. In anderen Städten würden ähnliche Projekte bereits sehr erfolgreich laufen, so Fröhlich.

Das Projekt ist eine weitere Maßnahme der Stadt München, um die schwierige Situation rund um das Thema Geburt zu entschärfen: überfüllte Kreißsäle, fehlende Hebammen, ein Rückgang bei den Bewerberzahlen für die Ausbildung der Geburtshelfer - und das alles bei steigender Geburtenzahl. Immer wieder warnen Hebammen, Mitarbeiter von Kliniken sowie Schwangerschaftsberatungen vor besorgniserregenden Engpässen. Die Stadt hat daher unter Leitung des Gesundheitsreferats einen Facharbeitskreis und einen Runden Tisch eingerichtet, bei dem sich die Beteiligten regelmäßig austauschen und nach Lösungen suchen. Für die Hebammen-Hotline zahlt die Stadt 15 000 Euro, zunächst für ein halbes Jahr. "Wenn das Angebot angenommen wird, wollen wir in die Verlängerung gehen", sagt Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs.

Die Stadt hat zudem ein Existenzgründungsprogramm für Hebammen initiiert und den Umzug des Geburtshauses unterstützt. Die in München bisher einzige Einrichtung dieser Art verfügt nun über größere Räume, hat ein drittes Hebammenteam aufgestellt und konnte so die Zahl der Geburten um ein Viertel erhöhen. Sie rechne 2017 mit 300 Geburten, sagt Susanne Braun, Geschäftsführerin des Geburtshauses. Doch die Warteliste ist immer noch lang. Daher wird in München auch die Forderung laut, ein zweites Geburtshaus zu eröffnen. Viele Kliniken bauen zudem ihre Kreißsäle aus und wollen die Zahl der Geburten erhöhen.

Doch auch mit mehr Kreißsälen, weiteren Geburtshäusern und besserer Hebammen-Vermittlung bleibt das entscheidende Problem: Es gibt immer weniger Pflegepersonal und Hebammen. Der relativ geringen Bezahlung von Hebammen stehen in München hohe Lebenshaltungskosten und teure Haftpflichtversicherungen für selbständige Geburtshelfer gegenüber. Zudem handelt es sich um eine oft anstrengende Arbeit mit hoher Verantwortung.

Plakataktionen, mit denen neue Mitarbeiter angeworben werden sollen, reichen bei Weitem nicht mehr aus. Das weiß auch die Stadt. Das RGU hat daher ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es soll Aufschluss darüber geben, wie sich in München mehr Hebammen und Pflegefachkräfte gewinnen lassen und wie man sie anschließend dauerhaft an ihren Arbeitgeber binden kann. Wann die Ergebnisse des Gutachtens vorliegen, sei noch offen, heißt es im RGU. Ein entscheidendes Kriterium für die Versorgungslage wird wohl auch künftig sein, ob sich genug Hebammen ausbilden lassen und ob die ausgebildeten Geburtshelfer dann auch langfristig in ihrem Beruf arbeiten - oder ob sie ihn irgendwann frustriert aufgeben.

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