Gauting/Planegg:Der Gauxit

Das Regionalnetzwerk Würmtal produziert keinen Strom, aber Kosten. Gauting denkt über den Ausstieg nach

Von Michael Berzl, Gauting

Mit dem Regionalwerk Würmtal sind große Erwartungen verbunden. Das kleine Unternehmen in kommunaler Hand soll Stromkonzernen Paroli bieten und selbst das Stromnetz in den drei Mitgliedsgemeinden Gauting, Planegg und Krailling übernehmen. Es soll einen Beitrag zur Energiewende leisten, von Wasserkraftwerken an der Würm war schon die Rede und von üppigen Einnahmen für die Nutzung von Leitungen. Fünf Jahre nach der Gründung fällt die Bilanz ernüchternd aus. Keines der Ziele ist erreicht, vielmehr erweist sich das Regionalwerk als teures Experiment mit ungewissem Ausgang. Eine Niederlage vor Gericht hat immense Kosten verursacht. Gauting bereitet nun dem Vernehmen nach den Ausstieg vor. Die Rathausverwaltung soll prüfen, welche Szenarien möglich sind.

Die Nachbarn warten noch ab. "Wir müssen erst einmal sehen, wie die Gautinger sich entscheiden, dann werden wir überlegen, wie es für uns weitergeht", sagte etwa der Planegger Rathaus-Geschäftsführer Stefan Schaudig. Die Kraillinger Bürgermeisterin Christine Borst (CSU) weiß von derlei Ausstiegsszenarien nur gerüchteweise: "Offiziell ist mir da gar nichts bekannt, aber natürlich geht ein Raunen rum", sagte sie der SZ. Bisher beraten die Gautinger Gemeinderäte und die Rathausspitze nur hinter verschlossenen Türen. Auch in einer nichtöffentlichen Sitzung am kommenden Dienstag wird wieder über das Regionalwerk beraten. Eine Rathaussprecherin bestätigt zwar, dass die Sitzung stattfindet, erklärt aber, "dass wir den Gegenstand nicht mitteilen können".

Es geht auch um das laufende Ausschreibungsverfahren für die Stromkonzession. Nach einer Niederlage vor dem Landgericht in München, das im Dezember 2013 diverse Verträge für nichtig erklärt hat, unternehmen die Würmtal-Gemeinden nun einen zweiten Anlauf. Das Bayernwerk, einst erfolgreicher Prozessgegner, wird diesmal zum Partner. Um eine zweite Pleite zu vermeiden, müssen die Kommunen in dem komplizierten Verfahren alle möglichen juristischen Finessen beachten. Dazu sind immer wieder Beschlüsse nötig; weil es um Vertragsinhalte geht, ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Nach den Worten von Borst, die auch Aufsichtsratsvorsitzende der Muttergesellschaft Würmtal-Holding ist, stehen weitere Schritte für die Ausschreibung nun reihum auf den Tagesordnungen von nichtöffentlichen Sitzungen; in dieser Woche in Krailling und Planegg.

Eigentliches Ziel ist dabei die Rekommunalisierung der Stromnetze, also die Übernahme von Leitungen und Trafokästen ins Eigentum der Gemeinde. Der Weg dahin erweist sich aber als wesentlich schwieriger und länger, als das bei der Gründung des Regionalwerks abzusehen war. Währenddessen fallen permanent Ausgaben an. Allein die Prozesskosten für das Gerichtsverfahren gegen das Bayernwerk beliefen sich nach Angaben der Anwälte des Unternehmens auf etwa 400 000 Euro. Im Gautinger Bahnhof muss eine Geschäftsstelle mit Personal unterhalten werden. Dort hat Anfang Juli ein neuer Geschäftsführer die Leitung übernommen. Der 48-jährige Maschinenbauingenieur Marten Jürgens ist seit der Gründung schon der dritte Mann an der Spitze des kleinen Unternehmens.

Die Zukunft des Unternehmens scheint so unsicher zu sein wie nie zuvor. Wie es weitergeht, dürfte auch die 2500 Stromkunden interessieren, die Verträge mit dem Unternehmen abgeschlossen haben. Den regen Zulauf haben die vorherigen Geschäftsführer als Erfolgsmeldungen verkündet. Allerdings haben auch die Kunden vor allem Kosten verursacht. Die Geschäftsstelle hat vor allem die Aufgabe eines Vermittlungsbüros, die Verwaltung übernimmt ein anderer Energieversorger, der daran verdient.

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