Gaststätte Hohenwart in Giesing:Bollwerk der Behaglichkeit

Kegelbahn, Kesselfleischtage und Kartler: Die Gaststätte Hohenwart in Giesing ist eine der letzten Bastionen wirklicher bayerischer Wirtshauskultur.

K.-H. Peffekoven

Wer die Gaststätte Hohenwart betritt, sollte in Sachen Inneneinrichtung kein Anhänger des Feng-Shui sein, das die Harmonie klarer Formen predigt. Aber schließlich braucht sich ein in Würde gealtertes Wirtshaus wie die Hohenwart, in der schon zu Zeiten der Prinzregenten die Giesinger beim Biere hockten, ums Feng-Shui nicht zu scheren.

Gaststätte Hohenwart in Giesing: Die Gaststätte Hohenwart in Giesing: hier gibt noch unverfälschte bayerische Wirtshauskultur.

Die Gaststätte Hohenwart in Giesing: hier gibt noch unverfälschte bayerische Wirtshauskultur.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Von den Jahrzehnten gedunkelt sind die Holzvertäfelungen an den Wänden, von der Decke hängen schwere Kronleuchter, in die der Wirt ein größeres Geschwader gelber Stoffenten gesetzt hat. Neben schönen Fotos von Giesing anno dazumal hängen an der Wand auch Puppen von Ernie und Bert sowie ein kolossales Ölgemälde des Königssees. Es geht laut und herzhaft zu, Karten knallen auf die Holztische.

Eines der letzten seiner Art

Die Gaststätte Hohenwart ist ein Lokal, wie man es heute gar nicht mehr oft findet, nicht einmal in einer so traditionsstolzen Wirtshauskultur wie der in München. Ein Wirtshaus, das auch das Stammlokal der "Vereinigung der gemütlichen Waldler" aus dem Niederbayerischen ist, kann kein schlechter Ort sein. Es bietet auch für alle Facetten der Bodenständigkeit etwas, zum Beispiel einen Raucherraum, in dem schwere Männer mit Motorradlederjacken Karten spielen und ein einsamer Poet kettenqualmend seinen Laptop traktiert, bewacht von einem Wildschweinkopf über der Tür.

Ganz hinten, im dritten Raum, hört man Kreischen und allerlei dumpfe Geräusche: Die Kegelbahn ist in Betrieb. Das Gasthaus steht am Rande eines Karrees alter Herbergshäuser, in einem wundersamerweise durch Bombennächte wie Spekulationswut gekommenen Überrest des ganz alten München. Langsam erobert die kulinarische Neuzeit aber auch diesen verträumten Teil des Giesinger Bergs, kürzlich erst wich der Eckgrieche einem trendigen Lokal. Dagegen steht die Hohenwart wie ein Bollwerk der Behaglichkeit.

Und die Aussicht ist gut, dass das auch so bleiben wird. Denn das Wirtshaus, das mittags am schönsten ist, wenn das Sonnenlicht in breiten Streifen durch die Rundbogenfenster hineinfällt, bietet mehr als ein zweites Wohnzimmer für Nachbarn und Nostalgiker: eine wirklich gut orientierte Hausmannsküche, die weit über dem liegt, was mancherorts als bayerische Spezialitätenkost dargereicht wird.

Deftige, bayerische Hausmannsküche

Wer in der Stadt bietet im Herbst noch Schlachttage? Wer lädt mittwochs zum Kesselfleischessen? Und wo bekommen Kinder ihr Wiener Schnitzelchen auf Wunsch vorgeschnitten? Hier ist das ganz selbstverständlich, so wie die Wirtsleute bei unseren Besuchen stets herzlich und zu Scherzen aufgelegt waren, und eine treue Kundschaft belohnt die Bodenständigkeit.

Star des Angebots ist eine zarte Rinderlende in einem Pfefferkräutermantel, eine Spezialität des Kochs. Der großherzig bemessene Rehbraten war wunderbar mürbe und frisch, harmonisch wie altväterlich garniert mit knackigem Rosenkohl und einem pikanten Wirsingbrei aus Omas Küche. Ehrlich und ohne jeden Anspruch auf Verfeinerung war das Angebot an Schnitzeln, darunter Veteranen von der roten Liste wie das Paprika- und das Jägerschnitzel. Das Hohenwart-Schnitzel war etwas für Heißhungrige und eine Art Cordon bleu XXL, mit Pilzen. Es lohnte sich dennoch, statt Pommes zu all dem Spätzle zu nehmen, sie waren nämlich handgeschabt.

Ein Gedicht war die Ochsenbrust, die schwer und mächtig aussah, jedoch zart auf der Zunge zerging, dazu gab es eigens handgeriebenen Meerrettich und nicht die übliche Creme aus dem Glas. Als Beilage gab es einen pikanten Wirsingbrei. Manchmal stehen Tagesangebote auf der Tafel, etwa ein würziger Sauerbraten. Die Salate waren üppig, die offenen Weine in Ordnung, ihretwegen kommt ohnehin niemand her.

Sehr erfreulich ist auch das Angebot an kleinen, preiswerten Speisen. Eine große Portion gemischter Hausmacher Pressack oder einfach nur ein Butterbrot mit gekochtem Schinken und Gürkerl, dazu ein Glas Altmünster Maierbräu und eine der Zeitungen, die an der Wand hängen - fertig ist das kleine Glück in der Hohenwart. Die Preise sind erfreulich niedrig, Hauptspeisen kosten meist unter zwölf Euro, Rehbraten 13,90. Kleine Speisen ab 4,50.

Gaststätte Hohenwart, Gietlstr.15, 81541 München, täglich 10 bis 24 Uhr, Telefon: 69 76 00 41.

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