Gastronomie:Wann verliert ein Wirt seine Konzession?

Drogen, Steuerhinterziehung, Betrug: Einige Münchner Wirte kämpfen in jüngster Zeit mit Problemen. Doch einem Gastronomen die Konzession zu entziehen, ist für die Behörden schwierig. Schwieriger als man denkt.

Susi Wimmer und Astrid Becker

Drogenrazzia in Hugo Bachmaiers Hofbräu, Steuerfahnder bei Sepp Krätz und die Ermittler von der "Sitte" in der Dolly-Bar: Einige Münchner Wirte sind in den letzten Monaten gehörig ins Schwitzen geraten. Ihre Läden allerdings haben - bis jetzt - noch geöffnet. Denn einem Wirt die Konzession zu entziehen, ist für das Kreisverwaltungsreferat (KVR) in der Regel schwierig.

Polizeiaktion gegen Kontoeröffnungs-Betrüger in München, 2011

Polizeieinsatz in München: Bis eine Drogenrazzia in einem Lokal durchgeführt wird, muss schon einiges vorher passieren.

(Foto: Stephan Rumpf)

Als die Drogenfahnder etwa im Juni 2011 zur Razzia in der Techno-Disco Grinsekatze auf dem Optimolgelände anrückten, standen den Ermittlern die Haare zu Berge: Koks, Ecstasy und Amphetamine an 14 Stellen im Lokal, 19 Gäste, die Rauschgift bei sich hatten, auf der Ablage über der Toilette eine weiße Pulverspur, Drogen hinter der Theke, ein abgesperrter Notausgang und ein Betreiber, der sagt, er finde den Schlüssel nicht und habe keine Ahnung von Gastronomie.

Auch dem KVR verging das Grinsen. Doch die Ankündigung, man werde den Laden dichtmachen, wurde am Tag nach der Razzia revidiert. "Wenn wir ein Berufsverbot aussprechen, verliert der Wirt seine komplette Existenz", sagt Peter Lueg, Leiter der Gewerbebehörde. Natürlich könne das kein Betroffener auf sich sitzenlassen. "Wir landen immer vor Gericht." Da muss das KVR dann die Unzuverlässigkeit des Wirtes nachweisen.

Ein einzelner Fall reicht dabei nicht aus", man müsse "die Entwicklung" anschauen. Wenn sich beispielsweise ein Wirt nicht um Lärmbeschwerden kümmere, "nachhaltig" nichts verändere, überschuldet sei und Steuern- und Sozialabgaben nicht zahle oder sich nicht an das Rauchverbot halte, dann gelte er als unzuverlässig. Zu Schließungen kommt es nur selten: 2009 sperrte das KVR die Max-Suite am Maximiliansplatz zu, weil im großen Stil Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt wurde. Das Lamm's am Sendlinger-Tor wurde 2010 dichtgemacht wegen erheblicher hygienischer und baulicher Mängel. Die Betreiber des "Palais" am Hauptbahnhof strichen von sich aus die Segel - die Drogenfahnder hatten zu oft angeklopft.

"Bis wir kommen", sagt Armin Aumüller, Chef der Drogenfahnder, "muss sich schon einiges angesammelt haben." Drogenrazzien seien "extrem geschäftsschädigend". Deshalb werde im Vorfeld intensiv ermittelt. Wenn man monatelang im Umfeld eines Clubs auf Dealer stoße, Undercover-Maßnahmen eindeutige Hinweise lieferten, dann spreche man mit dem Wirt und schlage "bestimmte Maßnahmen vor". Zum Beispiel eine Toilettenfrau, die kontrolliert, ob mehrere Personen in eine Kabine gehen. Oder Umbauten: "Ein Schminktisch mit glatter Fläche auf der Toilette ist kontraproduktiv." Kooperiert der Wirt nicht, rücken die Fahnder mit Verstärkung an.

Wenn ein Wirt strafrechtlich auffällig wird - und sei es wegen einer privaten Steuerveruntreuung oder Trunkenheit am Steuer - müsste das eigentlich immer auch Konsequenzen für seine Konzession haben, sagt Lueg. Allein, es gehe um den Nachweis. Beispiel Dolly-Bar und Mini-Bar: Die Cabaretbetriebe an der Schillerstraße waren 2010 und 2011 von der "Sitte" heimgesucht worden. Die Damen des Hauses, so der Vorwurf, würden Kunden in Séparées locken, sie abfüllen und die PIN-Nummern der EC-Karten ausspähen und Geld abheben. Oder die Kreditkarten mehrfach durchziehen und die Kunden trotz Sperrbezirks mehr als nur animieren.

"Wir haben alle unsere Informationen ans KVR weitergegeben", sagt Erster Kriminalhauptkommissar Bernhard Feiner von der "Sitte". Das Verfahren von 2010 wurde aber eingestellt, weil es nicht möglich war, die Anschuldigungen einer bestimmten Person zuzuordnen. Ob die Razzia kurz vor Weihnachten 2011 für den Betreiber nun Konsequenzen hat, wird sich zeigen.

Um seine Konzession bangen muss auch der Wiesnwirt Sepp Krätz, wenn sich der Verdacht der Steuerfahnder bestätigt. Dann steht nicht nur die Existenz des durchsuchten Andechser am Dom auf dem Spiel. Denn die Konzession bezieht sich nicht auf ein Lokal, sondern auf eine Person. "Die Sache ist noch offen", sagt Peter Lueg von der Gewerbebehörde. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, könnte die Konzession weg sein. Und damit auch das Hippodrom auf der Wiesn, in dem es bereits mehrere Beanstandungen der Lebensmittelkontrolleure gegeben haben soll.

Um einen potentiellen Nachfolger für den Zeltstandort von Sepp Krätz am Eingang zum Oktoberfest muss die Stadt allerdings nicht bangen: Mehr als 15 Wirte aus ganz Deutschland haben sich fristgemäß bis zum 31. Dezember um ein Zelt in der Größenordnung des Hippodroms beworben - mehr als jemals zuvor. Die Mehrheit der Bewerber stammt aus München und Umgebung, Siegfried Able zum Beispiel, der bereits die Kalbskuchl auf der Wiesn betreibt. Beworben haben sollen sich auch Johanna Barsy, Schwester von Sepp Krätz und Wirtin der Ausflugsgaststätte Forsthaus Kasten bei Gauting - und Sternekoch Alfons Schuhbeck, der schon im vertraulichen Gespräch mit Wiesnstadtrat Helmut Schmid gesichtet worden ist.

Festleiterin Gabriele Weishäupl will sich zur Causa Krätz nicht äußern, weil es sich um "ein schwebendes Verfahren handelt, in dem niemand rechtskräftig verurteilt ist". Sie hatte jedoch stets betont, dass sie sich mehr Gemütlichkeit in den Bierzelten wünsche: Wer von den Bewerbern ihr diesen Wunsch erfüllen kann, falls Sepp Krätz nicht zugelassen werden sollte, muss sich zeigen.

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