Gastronomie in der Altstadt:Warum der Franziskaner für ein Einkaufszentrum weichen soll

Gastronomie in der Altstadt: Ende für die Traditionsgaststätte? Gegenüber dem Franziskaner zog erst vor einigen Jahren Louis Vuitton in die umgebaute Residenz-Post.

Ende für die Traditionsgaststätte? Gegenüber dem Franziskaner zog erst vor einigen Jahren Louis Vuitton in die umgebaute Residenz-Post.

(Foto: Catherina Hess)
  • Das Franziskaner an der Residenzstraße soll einem Einkaufszentrum Platz machen.
  • Wiesn-Wirt Reinbold soll seinen Vertrag für das Franziskaner vorzeitig aufgelöst haben.
  • Im Gegenzug soll er den Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz kostengünstig bekommen haben.
  • Gastrononomie, Politik und Nachbarn sind überrascht und bestürzt.

Von Alfred Dürr, Franz Kotteder, Christian Krügel und Kassian Stroh

Muss wieder ein Traditionswirtshaus aus der Münchner Innenstadt weichen? Der Franziskaner an der Residenz- und Perusastraße könnte bald durch ein neues Einzelhandelszentrum ersetzt werden - falls ein großer Immobilien-Deal zwischen Pächter und Wirt Edi Reinbold und dem Eigentümer, der Nymphenburg Immobilien AG, funktioniert. Münchner Einzelhändler warnen schon jetzt davor: Das Ende des Franziskaners wäre ein schlimmer Schlag für die Innenstadt.

Nach SZ-Informationen soll Reinbold, der auch Wirt des Schützenzelts auf der Wiesn ist, seinen angeblich noch bis 2022 laufenden Vertrag vorzeitig auflösen. Im Gegenzug hat ihm der Eigentümer bereits den Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz verkauft - angeblich zu einem besonders günstigen Preis. Die Rede ist von einer Summe zwischen neun und elf Millionen Euro. Hinter der Nymphenburg Immobilien AG steckt die Finck'sche Hauptverwaltung, die sich um das Vermögen der milliardenschweren Familie August von Finck kümmert.

Gastronomie in der Altstadt: undefined

Um welche Summen es geht

Und deren Vermögen könnte vom Deal erheblich profitieren: Das knapp 1000 Quadratmeter große Areal des Franziskaners könnte als Einzelhandelsfläche viel mehr einbringen. Experten schätzen den Wert der Immobilie auf mindestens 18 Millionen Euro. Edi Reinbold selbst dementierte am Freitag, dass der Franziskaner schließen muss: "Ich habe einen gültigen Pachtvertrag mit Löwenbräu, über eine vorzeitige Auflösung wurde nie geredet."

Den Löwenbräukeller habe er schon vor zehn Jahren kaufen wollen, und nachdem sich Finck von seinen Gastronomiebeteiligungen trennen wolle, habe man eben ihm den Keller angeboten. Über die Kaufsumme wollte er nichts sagen: "Aber meinen Sie, die schenken mir was?" Die Finck'sche Hauptverwaltung wollte keine Stellungnahme zu den Plänen abgeben.

Verlierer des Deals wäre wohl Christian Schottenhamel, derzeit Wirt des Löwenbräukellers und wie Reinbold ebenfalls Wiesnwirt. Er hat den Keller vor sieben Jahren übernommen und herausgeputzt, sein Pachtverhältnis endet in zweieinhalb Jahren. Er hätte den Löwenbräukeller auch gekauft, kam aber nicht zum Zuge. "Jetzt suche ich halt nach einer neuen Herausforderung", sagt er, "vielleicht weiß ja jemand was für mich, wenn er das in der Zeitung liest."

Was Münchens Gastronomie davon hält

Münchens Gastronomie und Einzelhandel reagiert entsetzt auf das mögliche Ende der Traditionsgaststätte. Conrad Mayer, Vorsitzender des Münchner Hotel- und Gaststättenverbands, sagt: "Ich halte das für eine Attacke auf die Münchner Wirtshaustradition. Das ist ja nicht mehr nur Wirtshaussterben, das wäre schon Wirtshausmord."

Er rechnet "mit erheblicher Empörung in der Bevölkerung", sein Verband wolle das auch nicht klaglos hinnehmen. Er darf dabei mit politischer Unterstützung rechnen. Stadtrat Richard Quaas (CSU) spricht von einem "kulturellen und ideellen Verlust für die Stadt", wieder gehe ein Stück Münchner Tradition den Bach hinunter.

Ähnlich sehen das die Geschäftsleute rund um den Franziskaner. Seit einigen Wochen habe es Gerüchte über den Deal gegeben, Ärger und Verwunderung seien trotzdem groß. Denn viele befürchten, dass das Einkaufsviertel insgesamt an Attraktivität verlieren könnte. "Der Franziskaner hat hier Leben reingebracht", sagt ein Verkäufer in der Nachbarschaft. Aber klar sei auch: Weil internationale Marken mit aller Macht in die Münchner Innenstadt drängen und attraktive Fläche für Filialen suchen, könne man viel mehr Geld mit Einzelhandels- als mit Gastronomieflächen verdienen.

Wie die Nachbarn reagieren

Die unmittelbaren Nachbarn wollen sich aber nicht an dem Deal beteiligen. So wird nach SZ-Informationen in jedem Fall Bettenrid in dem Haus an der Theatinerstraße bleiben, das der eigenen Stiftung gehört. Auch das Erzbischöfliche Ordinariat denkt nicht daran, sich an Plänen für eine neue Einkaufspassage zu beteiligen. Der Kirche gehört das Gebäude auf der Südseite des Komplexes, an der Schrammerstraße. Die dort untergebrachten Abteilungen des Ordinariats werden zwar demnächst in den Neubau in die Kapellenstraße umziehen. Danach sollen aber kirchliche Stiftungen und Organisationen das Gebäude nutzen. "Wir werden nicht verkaufen und haben kein Interesse an einer kommerziellen Nutzung", heißt es aus dem Ordinariat.

Überrascht zeigte sich die Stadtspitze von den Plänen. Der Zweite Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid (CSU) sagt, er habe "auch erst am Donnerstag" von den Plänen erfahren. Im Planungsreferat, das auch für Baugenehmigungen zuständig ist, zeigt man sich ebenfalls sehr überrascht vom neuen Franziskaner-Konzept. Es liege weder eine sogenannte Bauvoranfrage noch gar ein Bauantrag vor, sagt Behördensprecher Martin Klamt.

Bei Bauvorhaben dieser Größenordnung fänden im Vorfeld meist eher informelle Gespräche auf höchster Ebene statt. "Das war hier nicht der Fall", sagt Klamt. Deswegen bewege sich alles im Bereich der Spekulation. Der Bau einer Einkaufspassage würde freilich gut ins Gestaltungskonzept der Stadt passen, die sich in der Innenstadt noch mehr Höfe und Durchgänge wünscht. Auf jeden Fall müssten aber die Belange des Denkmalschutzes gewahrt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: