Bayerisches Restaurant Schwabing "Weinbauer":Fleisch ist die richtige Wahl

Der Weinbauer ist ein Gasthaus, in das man hineingeht, mag es draußen noch so schön sein - und das tun viele in Schwabing.

Johanna N. Hummel

Sterne, jedenfalls solche von Michelin, gab es damals nicht in Schwabing, in jenem Ort, den der Schriftsteller und Anarchist Erich Mühsam nicht als geographischen, sondern als kulturellen Begriff bezeichnet hat. Das war vor hundert Jahren, als Mühsam der Prototypus eines Schwabinger Bohémien genannt wurde und das Café Luitpold, der Simplicissimus oder das Café Stefanie die Refugien der Künstler waren.

Bayerisches Restaurant Schwabing "Weinbauer": Der schöne Gastraum mit Holzvertäfelung und altmodischen Lampen.

Der schöne Gastraum mit Holzvertäfelung und altmodischen Lampen.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Das Gasthaus Weinbauer in der Fendstraße existierte um 1908 bereits seit gut vierzig Jahren. Vielleicht war Erich Mühsam, der kaum eine Schwabinger Wirtschaft ausließ, ebenso Gast im Weinbauer wie 60 Jahre später der Kommunarde Fritz Teufel. 1911 kaufte die Familie Burgmeier den Weinbauer und ihr gehört er heute noch, was möglicherweise verhindert hat, dass das Wirtshaus den diversen Moden angepasst wurde. Auch das hat etwas mit Kultur zu tun.

Ein paar Veränderungen gab es schon. 1994 zum Beispiel entstand hinter dem Haus ein schmaler Garten, was viele Schwabinger ziemlich aufgeregt hat. Allerdings war er sogar an warmen Abenden recht verlassen, von ein paar Rauchern abgesehen, die beim Bier saßen, einem Hacker-Pschorr aus dem Holzfass (die Maß 6,40 Euro). Der Weinbauer ist ein Gasthaus, in das man hineingeht, mag es draußen noch so schön sein - und das tun viele, am Abend brummt das Wirtshaus. Und schön ist es drinnen auch, mit der hohen Holzvertäfelung, mit Holztischen, altmodischen Lampen, allerlei Kuriosem und Kitschigem, mit vielen Bildern; ein Ölgemälde des Dorfs Schwabing füllt eine ganze Längswand.

Wer im bayerischen Wirtshaus schwedische Heringe bestellt, ist selber schuld

In den Weinbauer geht man nicht mal schnell zum Essen. Man bleibt hocken bei Bier und Wein, der als ordentlicher Viertelliter ausgeschenkt wird und in ordentlicher Qualität (Grüner Veltliner 2,90, Silvaner 3,25, Chianti 5,10). Die Küche ist bayerisch mit kleinen Abschweifungen ins Schwäbische, Österreichische und in gehobenere Gefilde, und vieles, auch manche Hauptspeise, kostet weniger als 10 Euro.

Der Kellner, der mit fast schüchternem Lächeln die Speisenkarten verteilt und jeden Wunsch unaufdringlich erfüllt, machte darauf aufmerksam, dass man einige Gerichte auch als kleine Portion bekommen kann, bei den Suppen gibt es sogar drei verschiedenen Größen. Auch die kleinste war von beträchtlichem Umfang, die sanfte Spargelcrème-Suppe oder die feinen Maultaschenscheiben in kräftiger Brühe und mit Zwiebeln (3 Euro).

Bei den Vorspeisen hält sich der Wirt nicht lange auf, sie stehen als "kleine Speisen und Häppchen" auf der Karte, wobei der saftige Reiberdatschi mit geräuchertem Wildlachs ein hübsch großer Happen war. Die schwedischen Heringsfilets auf Kartoffel-Feldsalat schmeckten, wenn auch nicht unangenehm, nach Dosenfabrikat. Nun ist, wer im bayerischen Wirtshaus schwedische Heringe bestellt, schon selber schuld (7,50 und 6,95).

Bei den Nachspeisen gibt sich der Koch in Experimentierlaune

Fleisch ist die richtige Wahl. Das Münchner Domschnitzel vom Schwein im knusprigen Brezenmantel war zart und saftig. Die saure Spanferkel-Leber lag in fein-säuerlicher, zwiebelhaltiger Sauce und kam mit einem Kartoffelbrei, der selbstgemacht aussah und auch so schmeckte, auf den Tisch. Die Lammhüfte aus dem Backofen, drei kräftige Scheiben mit leichter Sauce und Blattspinat, zerging auf der Zunge.

An den Backhendln, mal im schwereren Brezenmantel, mal in einem leichten aus Kürbiskernen, gab es nichts zu mäkeln und auch nicht am Zwiebelfleisch vom Bürgermeisterstück mit schön in der Pfanne gegarten Zwiebeln. Selbst der US-Import, das Sirloin-Steak vom Grill und die Ochsenlende vom Angusrind, war von ausgesuchter Qualität und wunderbar rosa gebraten (7,95 bis 18,75 Euro). Nichts Negatives? Doch, einmal waren die Bratkartoffeln batzig, einmal lagen ein paar ziemlich harte Kartoffelscheiben im Salat, ein Reiberdatschi schmeckte angekokelt. Und an einem warmen Abend hing der Salat ermattet in der Vinaigrette.

Bei den Nachspeisen gibt sich der Koch in Experimentierlaune. Vanille-Eis reicht er mit Karamell, Krokant und Kürbiskernöl, was gar nicht schlecht schmeckt (2,25). Die Crema Catalana mit Ziegenkäse und Quittengelee ist etwas für Käsefans, die es mal süßer wollen (2,75). Der Kaiserschmarrn aber schlägt alle Experimente (4,45 die kleine Portion). Heiß und locker wurde er aufgetragen und mit Apfelkompott - eben wie er sich gehört in einer alten Schwabinger Wirtschaft.

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