Garten-Messe:Wohnzimmer im Freien

Natur und Pflanzen findet man am Rande auch, doch auf der Garten-Messe in Riem dominieren Strandkörbe, Whirlpools und Grillmonster - zum Leidwesen mancher Hobbygärtner

Von Günther Knoll

Der fünfsitzige Strandkorb, die komplette Außenküche, das Sonnensegel in Ultragröße, der Whirlpool mit Beleuchtung und Champagnerinsel, die Badewanne aus Naturstein - all das kann man in seinen Garten stellen. Muss man aber nicht. Die beiden Frauen jedenfalls, die mit einem Gartenbauverein aus Wasserburg einen Ausflug auf die "Garten München" gemacht haben, können mit all dem wenig anfangen. Sie seien "Gartlerinnen" mit Leib und Seele, sagen sie bei einer Kaffeepause, aber das meiste von dem, was da auf der Messe angeboten werde, dass sei vielleicht etwas für ein "Wohnzimmer im Freien", aber doch nicht für einen "echten Garten".

Wie ein solcher auszusehen hat, da haben die beiden ihre eigenen Vorstellungen. Sauber wohl auf alle Fälle, denn ein mit Efeu begrünter Sichtschutz, den sie gerade gesehen habe, der müsse her, gesteht die Ältere der beiden. Der sei bezahlbar und vor allem nützlich: Ihr Mann arbeite im Garten mit Holz und decke das dann mit einer Plane ab, "und dieses Trumm kann ich einfach nicht mehr sehen". Irgendetwas zum Mitnehmen werde man sicher auch noch finden, sagt die Jüngere, "sonst fahren wir nicht heim". Als Mitbringsel werden beispielsweise Blumen und Pflanzen aus Glas oder Holz angeboten. Das ist es aber nicht, wonach der echte Hobbygärtner sucht. Das wird deutlich, wenn man die wenigen Stände, an denen Blumenzwiebeln, Samen und Setzlinge verkauft werden, beobachtet. Dort drängen sich die Kunden, vor allem Frauen.

In den für die Messe gestalteten modernen Schaugärten wäre wohl kaum der richtige Platz für all diese Pflanzen. Der Trend geht da ganz eindeutig zum Wohnen im Freien und das möglichst pflegeleicht. Das bestätigt Martin Bayer senior, der in Ottendichl bei Haar eine Garten- und Landschaftsbaufirma samt Baumschule betreibt und sich mit einem eigenen Stand auf der Messe präsentiert. Den meisten fehle heute einfach die Zeit für den Garten, weiß er. Deshalb seien zum Beispiel winterharte Stauden gefragt, die schön blühen und nicht viel geschnitten und gehegt werden müssen. Und manchen ist die Gartenarbeit einfach zu mühsam, das erledigt dann die Firma Bayer. Vielen sei ein schöner Garten auch das entsprechende Geld wert, sagt der Juniorchef Martin Bayer. Mauern hoch und niedrig aus Beton mit Maserung gehören dazu, klar definierte Beete, und der unvermeidliche Rasen. Familienbäume, die etwa zur Geburt eines Kindes gepflanzt werden, sind laut Bayer junior im Kommen. Oft wünsche sich der Kunde kleine und schlanke Obstbäume, ergänzt der Senior. Große Gärten könne sich in der Region ja kaum noch jemand leisten.

Das ist aber offenbar nicht nur in München so. Ein rüstiger Mann im Karohemd schleppt gerade mehrere Tüten voller Setzlinge von einem Stand zu seiner Frau, die sich auf einer Bank ausruht. Seit 30 Jahren fahren sie schon zu dieser Messe aus Hösbach bei Aschaffenburg, "aber jetzt ist Schluss", sagt die Frau. Auch zu Hause bei den Nachbarn werden die Gärten immer kleiner, haben sie beobachtet, zugunsten von Stein, Beton und Rasen. Und wenn man auf der Messe sehe, dass der Garten nur noch da sei, um ihn zu "möblieren", dann tue ihm das richtig weh, sagt der Mann. Für ihn, bekennt er, sei sein Garten ein "Spleen". Er habe inzwischen so viele unterschiedliche Tomatensorten, dass die kleinen Gewächshäuser nicht mehr reichten und jede Fensterbank voll sei. Auch seine Obstbäume veredelt er selbst, "sieben Apfelsorten an einem Baum", wie er stolz sagt. Und "den größten Spaß" haben die beiden, wenn der zweijährige Enkel im Garten selbst eine Gurke erntet und sofort reinbeißt.

Der Mann könnte womöglich gut am Stand des Eigenheimerverbands mithelfen. Denn dorthin kommen viele, um sich in Sachen Garten beraten zu lassen. Oft "weil eine Pflanze kränkelt", berichtet Erwin Ries, der seine eigenen Erfahrungsschatz als Hobbygärtner nutzt, um den Ratsuchenden Tipps zu geben. Das wichtigste sei, dass man starke und gesunde Pflanzen kaufe, das zahle sich in jedem Fall aus, auch wenn man dafür etwas weiter fahren müsse, meint er. Ein Münchner will wissen, was er tun soll, wenn ihm die Stadt die Fällung einer stattlichen, aber nach seiner Ansicht schon maroden Birke nicht genehmigt. Die Behörde sehe den Baum als prägend für das Landschaftsbild an, dabei habe er Angst, das die Birke auf sein Haus falle, klagt der Mann. Ries kann ihm nur raten, den Antrag zur Fällung erneut einzureichen.

Früher seien die Leute gekommen, "weil sie sich über ihre Gärten ernährt haben", das spiele heute kaum noch eine Rolle, berichtet Berater Erwin Ries. Heute ernähren sie sich offenbar vorzugsweise im Garten. Das Angebot an Grillgeräten und -zubehör ist jedenfalls riesig auf der Messe, da können höchstens noch die Pools konkurrieren. Wenn der Grill so viel Platz braucht, dass nicht einmal mehr für ein paar eigene Kräutlein Platz ist, gibt's diese auch bereits getrocknet und gemahlen in der Dose - in allen möglichen Varianten und Geschmacksrichtungen. In natura werden die gleichen Kräuter auch angeboten, und sie stoßen bei den Messebesuchern auf deutlich mehr Interesse. Viele wollen heutzutage laut Erwin Ries "etwas Eigenes" anbauen, selbst wenn dafür nur auf der Terrasse oder auf dem Balkon Platz sei, und da seien Küchenkräuter genau das Richtige.

Wer mehr Platz hat, der kann sich bei Betrieben wie der Gärtnerei Zimmermann aus Kolbermoor eindecken. Etwa 2000 verschiedene Pflanzen habe man im Angebot, heißt es am Stand. Die Kunden seien ausnahmslos "Hobbygärtner, darunter auch Spezialisten, die botanisch bewandert sind". Für die hat die Gärtnerei auch "Raritäten" wie das Igelpolster oder japanische Enziane.

Damit die Gartenarbeit leichter von der Hand geht, wird auch das Hochbeet in vielen Ausführungen angeboten. Und selbst für den, der davon überzeugt ist, dass er vor seinen Pflanzen erst fleißig buckeln muss, damit sie ja recht gut gedeihen, findet sich eine Lösung unter all den vielen hübschen Saunahäuschen: Eine Infrarotkabine mit eigens eingebautem Lendenwirbel-Strahler.

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