Gammelfleisch-Skandal:Polizei sucht Käufer des Gammelfleischs

Der Gammelfleisch-Skandal weitet sich aus: Die Polizei entdeckt weitere Ware. Ermittler meinen, die Kontrolleure hätten die manipulierten Etiketten "bei genauerem Hinsehen" erkennen können.

Jan Bielicki und Dennis Lantzberg

Die Firma hatte den Ermittlern selbst gemeldet, Fleischlieferungen des im Zentrum der Untersuchungen stehenden Großhandelsunternehmens Bruner erhalten zu haben. Das sichergestellte Fleisch sei "sichtbar nicht gut gewesen", sagte Polizeisprecher Peter Reichl am Sonntag.

Gammelfleisch-Skandal: Dönerfleisch

Dönerfleisch

(Foto: Foto: dpa)

Insgesamt hat die Polizei damit bei elf Bruner-Kunden in die Kühltruhen geschaut und dort rund 600 bis 700 Kilogramm Fleisch sichergestellt. In dem Johanneskirchner Großkühlhaus selbst wurden bisher insgesamt 30 Tonnen Ware - vor allem Dönerfleisch und Enten - beschlagnahmt, die den Ermittlern als "bedenklich" gelten. Erste Analysen der Proben haben nach Auskunft der Polizei jedoch keine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher ergeben, das Fleisch war aber zum Verzehr nicht mehr geeignet.

Die eigens eingesetzte Sonderkommission "Kühlhaus" sieht sich allerdings erst am Anfang weiter reichender Ermittlungen: "Wir gehen davon aus, dass das gesamte Bundesgebiet und das nähere Ausland beliefert wurden", sagte Polizeisprecher Reichl.

Aus dem Bundesgebiet habe bisher jedoch nur ein Abnehmer aus Sachsen-Anhalt gemeldet, Ware von dem Münchner Großhändler erhalten zu haben. Auch in Niedersachsen tauchte verdächtiges Fleisch aus München auf, nachdem das bayerische Verbraucherschutzministerium in der Nacht zum Samstag eine Liste mit den Kunden des Großhändlers an alle Bundesländer, den Bund und die EU-Behörden geleitet hatte. "Es ist zu erwarten, dass sich jetzt verstärkt Kunden melden", sagte Reichl.

Die Aufklärung der Lieferwege gestalte sich jedoch schwierig, weil der 74-jährige Firmeneigner sein komplettes Geschäft ohne Computer abgewickelt habe. Statt dessen habe er sämtliche Lieferungen handschriftlich erfasst. Die Sonderkommission versinke in Papier. "Die Buchhaltung ist chaotisch", erklärte ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums.

Klar scheint den Ermittlern zu sein, dass der Münchner Großhändler die Kennzeichnung seiner Fleischbestände offensichtlich in großem Stil, für geübte Kontrolleure jedoch leicht erkennbarer Art, manipuliert hat.

In dem durchsuchten Kühlhaus in Johanneskirchen fanden Polizeibeamte Etiketten, die "verfälscht und vertauscht" waren, erklärte Reichl. Allzu viel Mühe haben die Fälscher sich aber wohl nicht gegeben: "Bei genauerem Hinsehen war es durchaus zu erkennen, dass da manipuliert wurde", beschrieb Reichl, was die Ermittler fanden. Die Originaletiketten wurden "grob ausgeschnitten" oder geschwärzt und dann überklebt. Sie hätten, so die Polizei, allenfalls flüchtigen Überprüfungen standgehalten.

Dieser Befund widerspricht Aussagen, mit denen die Regierung von Oberbayern noch am Freitag die Arbeit ihrer Kontrolleure vom staatlichen Veterinäramt verteidigt hatte. Diese hätten bei allein acht turnusmäßigen Kontrollen in den vergangenen drei Jahren wegen der "kriminellen Energie" des Vorgehens eine Verfälschung der Etiketten nicht erkennen können. Bei ihren Routinekontrollen hätten die amtlichen Tierärzte Temperaturanalysen gemacht, Hygienepläne überprüft sowie stichprobenartig die Wareneingangs- und Warenausgangsbücher des Johanneskirchner Betriebs durchgesehen.

Die SPD will auch auf städtischer Ebene Konsequenzen aus der Affäre ziehen. Obwohl die Kontrolle des Kühlhauses in die Verantwortung des Freistaates falle, will die SPD-Stadträtin Barbara Scheuble-Schäfer prüfen lassen, "wie auf möglichst effektive Weise noch eine Verstärkung der Kontrolldichte auch in München erreicht werden kann". Der Freistaat dürfe "den Verbraucherschutz nicht zu Tode sparen".

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