Galeria Kaufhof am Marienplatz:Kaputter Klotz mit Kultstatus

Galeria Kaufhof am Marienplatz: Architektonische Sünde? Die Fassade des Kaufhofs am Marienplatz.

Architektonische Sünde? Die Fassade des Kaufhofs am Marienplatz.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Bis Freitagnachmittag dürfte die komplette Fassade des Kaufhofs am Marienplatz eingerüstet sein. Ein optischer Verlust? Für viele Münchner bleibt das Gebäude ein brutaler Eingriff in das Stadtbild.

Von Alfred Dürr

Ja mei, der Kaufhof am Marienplatz. Könnte er nicht gleich vollständig einstürzen, dann wäre er endlich weg, der hässliche Klotz? Kaum ein anderes Gebäude in der Altstadt bewegt die Gemüter mehr als dieses Bauwerk, das 1972 eröffnet wurde. Prominenter könnte der Standort nicht sein, direkt beim Rathaus und prägend für die Gesamtwirkung von Münchens zentralstem Platz. Doch das Haus stand von Anfang an in der Kritik. Der mächtige Block mit seiner Granitplatten-Verkleidung galt als grober, gar brutaler Eingriff in das Bild des nach dem Krieg wiederaufgebauten Marienplatzes und in das gesamte denkmalgeschützte Ensemble der Altstadt.

Architekturexperten und Stadtplaner beklagten, dass solche Reaktionen für lange Zeit die Bemühungen um zeitgemäßes und selbstbewusstes Bauen in der Altstadt lähmten. Doch der Stillstand währte nicht ewig. Das Zentrum erfuhr in den vergangenen Jahren einen enormen baulichen Aufschwung. Immer neue "Höfe" oder "Palais" entstanden, große Grundstücke wurden umgenutzt. Ein Büro, ein Geschäft oder gar eine Wohnung in der Innenstadt - danach streben viele.

Die Architektur der Projekte war nicht das große Streitthema, eine Aufregung wie um den Kaufhof erlebte man lange Zeit nicht. Allerdings trägt nun der Entwurf für das Hotel Königshof am Stachus mit seiner extravaganten Fassade ein gewisses Kaufhof-am-Marienplatz-Potenzial in sich. Denn auch da formiert sich heftiger Widerstand gegen die Gestaltung.

Galeria Kaufhof am Marienplatz: Die Kunden werden über die Behinderungen vor dem Kaufhof informiert.

Die Kunden werden über die Behinderungen vor dem Kaufhof informiert.

(Foto: robert haas)

Einfach niedermachen kann man den Kaufhof nicht. Sein Architekt Josef Wiedemann, ein gebürtiger Münchner, der 2001 verstarb, gilt als ein wesentlicher Wegbereiter für den Wiederaufbau Münchens nach dem Krieg. In den Sechzigerjahren gehörte ihm ein wichtiges Architektenbüro in der Stadt. Er wollte nicht bloß das Alte detailgetreu rekonstruieren, sondern schöpferische neue Akzente setzen, Altes mit Neuem verbinden. An Werken wie dem Siegestor an der Leopoldstraße oder an der Alten Akademie in der Fußgängerzone kann man diese Philosophie deutlich ablesen.

An der Stelle des Kaufhofs am Marienplatz stand einst das Kaufhaus Roman Mayr. Es war ein wunderschöner Jugendstilbau aus der Feder des Büros Heilmann und Littmann. Im Krieg wurde das 1912 eröffnete Gebäude zerstört und mit einer historisierenden Fassade wieder aufgebaut. Als dann das Wiedemann-Kaufhaus kam, überfiel die Betrachter das Grausen. Aber nicht alle stimmen in das Lamento ein. Der Kaufhof hat auch Kultstatus. Denn wer weiß was nachkäme, wenn man den Klotz beseitigen würde?

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