Fußgänger-Konferenz "Walk 21":Geh weiter München

Fußgänger-Konferenz "Walk 21": Spuren hinterlassen soll der Kongress "Walk 21" in München, das symbolisierten die bemalten Kinderfüße am Mittwoch auf dem Marienhof.

Spuren hinterlassen soll der Kongress "Walk 21" in München, das symbolisierten die bemalten Kinderfüße am Mittwoch auf dem Marienhof.

(Foto: Stephan Rumpf)

München veranstaltet im September die internationale Fußgänger-Konferenz "Walk 21". Bürgermeister Monatzeder glaubt, man könne von anderen Städten viel lernen. CSU und FDP haben dagegen eine Debatte über den Sinn angezettelt - vor allem aber über die Kosten.

Von Silke Lode

Kaum ein Thema in der urbanen Verkehrspolitik wird so kontrovers diskutiert wie die Frage, welchen Platz Autos brauchen und welchen die Radfahrer. An eine dritte Gruppe wird dabei selten gedacht: die Fußgänger. Sie finden meist nur Beachtung, wenn es darum geht, Radler als Gefahr darzustellen. Doch wenn die Zahlen stimmen, die die Stadt parat hat, wird mehr als ein Viertel aller Wege in München zu Fuß zurück gelegt. Das ist der Grund, warum Bürgermeister Hep Monatzeder die Fußgänger ins Rampenlicht rücken will und den Kongress "Walk 21" nach München geholt hat.

Vom 11. bis 13. September findet die Konferenz in der Alten Kongresshalle und im benachbarten Verkehrszentrum des Deutschen Museums statt. Umstritten ist der Fußgänger-Kongress vor allem bei CSU und FDP im Rathaus, weil die Stadt dafür viel Geld in die Hand nimmt.

Eine halbe Million Euro sind nur für die Organisation des Treffens eingeplant, weitere 230.000 Euro für zwei befristete Stellen in der Verwaltung. Zwar sollen Sponsorengelder und die Konferenzbeiträge, deren Preise zwischen 200 Euro für ein Tagesticket und 480 Euro für die komplette Teilnahme liegen, wieder Geld in die Stadtkasse spülen. Doch gut 500.000 Euro wird die Stadt wohl doch bezahlen.

München stehe zwar beim Thema Fußwege nicht schlecht da, wie der Grünen-Politiker Monatzeder einräumt. Doch er hofft, dass die Konferenz neue Impulse bringe - und dass das Bewusstsein für die älteste Form der Mobilität in der Gesellschaft sowie quer durch die Behörden gestärkt werde.

700 bis 800 Teilnehmer aus 40 Ländern erwarten die Organisatoren. Politiker, Stadtplaner, Wissenschaftler und Verwaltungsexperten werden sich in München über Praxiserfahrungen und einzelne Aspekte austauschen - und natürlich zu Fuß auf Exkursion gehen. Einige Podien und Spaziergänge können auch ohne Konferenzticket besucht werden.

"Der überflüssigste Kongress, der in München stattfindet"

"Wir können von anderen Städten noch viel lernen", sagt Monatzeder. Von New York etwa, wo eine alte Hochbahntrasse in einen begrünten Fußweg verwandelt wurde, der international Aufmerksamkeit erregte. Oder von London mit seinem Leitsystem für Fußgänger. Doch die Opposition im Rathaus bleibt dabei: Für sie ist die Konferenz "Walk 21" ein krasser Fall von Steuerverschwendung.

"Der überflüssigste Kongress, der in München stattfindet", lästert FDP-Fraktionschef Michael Mattar. Zu Fuß gehen sei in München populär, anders als in Nordamerika, wo die Walk-Kongresse ihren Ursprung haben. Mattar wagt sogar die These, dass nicht einmal die Sicherheit für Fußgänger "in der sichersten Großstadt Europas" ein Thema sei.

Auch die CSU spart nicht mit Kritik und polemisiert, Rot-Grün glaube, die Münchner müssten das Laufen lernen. "Organisierte Steuergeldverbrennung im öffentlichen Raum" nennt Fraktionsvize Hans Podiuk die Konferenz und wittert "lange Palaverrunden, an deren Ende viel Papier, aber wenig Konkretes steht". Josef Schmid, der mit seiner CSU als OB-Kandidat moderne Großstadtpolitik machen will, hält sich nun zwar vornehm zurück. Doch in der Vergangenheit hat auch er die Konferenz als "völlig überflüssig" gegeißelt.

Der Dritte Bürgermeister Monatzeder, der gerne den inoffiziellen Titel des Radl-Bürgermeister hegt und pflegt, tut sämtliche Sticheleien mit einem Satz ab: "Es gibt eben konservative Parteien, die brauchen noch länger, bis sie verarbeitet haben, dass das sinnvoll ist." Längst ist ihm ein dickes Fell gewachsen, zumal er nur noch ein gutes halbes Jahr im Amt ist. Außerdem ist der Radl-Bürgermeister in Wahrheit ein passionierter Fußgänger. Den Weg von seiner Wohnung in der Au ins Rathaus gehe er am liebsten zu Fuß, erzählte er einmal. Und am Mittwoch schwärmte er bei der Vorstellung des "Walk 21"-Programms, dass man eine Stadt ganz anders wahrnehme, wenn man zu Fuß gehe.

Wohlfühlfaktoren und praktischen Gründe

Es ist viel von Lebensqualität und Gesundheitsprävention die Rede, doch Stephan Reiß-Schmidt vom Planungsreferat hat auch handfeste Gründe, warum sich die Stadt verstärkt um Fußgänger kümmern will. München wächst und wächst - und die freien Flächen für neue Wohnungen am Stadtrand werden immer knapper. Also geht es auch darum, in den bestehenden Quartieren nachzuverdichten. Und das verkehrliche Konzept, dass dazu am besten passe, sei eben die "Nahmobilität mit dem Rad, dem öffentlichen Nahverkehr und zu Fuß", sagt Reiß-Schmidt.

In neuen Wohnvierteln wie in Riem oder entlang der Bahntrasse nach Pasing hat die Stadt bereits verstärkt auf Rad- und Fußwegverbindungen geachtet. Doch Monatzeder sieht noch viele Möglichkeiten, die Stadt für Fußgänger attraktiver zu machen: Angefangen von besseren Wegweisern bis hin zu neuen Fußgängerbereichen im Tal, an der Sendlinger Straße, am Rotkreuz- oder am Stiglmaierplatz.

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