Fußball-EM:Münchens Italiener feiern am besten

Fußball-WM 2006, italienische Fans auf der Leopoldstraße

So schön blau: Italienische Fans feiern in München auf der Leopoldstraße den Sieg ihrer Mannschaft.

(Foto: Robert Haas)

Wenn Italien bei der EM am Samstag wie immer gewinnt, wird die Leopoldstraße so südländisch, dass sich sogar die Italiener in Italien noch etwas abschauen können.

Kolumne von Andreas Schubert

Noch kürzlich im Italienurlaub dachte man sich: Oh mei, mit der Fußballbegeisterung ist es heutzutage auch nicht mehr weit her. Man sitzt in einer Kneipe im sardischen Santa Maria Navarrese, Italien schlägt Belgien mit 2:0, die anwesenden Einheimischen lächeln zufrieden, trinken ihren Averna aus und schleichen sich dann ruhig nach Hause.

Ein paar Tage später ein ähnliches Bild in Cagliari: Italien schlägt Schweden 1:0, die Einheimischen trinken leise aus - und ab nach Hause. Enttäuschung machte sich breit. Da geht man extra im Stammland der Azzurri in eine Fußballkneipe mit 20 Bildschirmen, wegen der Stimmung und so - und alles was bleibt ist der Eindruck, dass den Italienern ihr calcio offenbar am culo vorbeigeht.

Aber vielleicht lag es ja einfach daran, dass es in Cagliari keine Leopoldstraße gibt. Dort haben am Montagabend etwa dreihundert Tifosi den Einzug ins Viertelfinale gefeiert, als hätten sie schon die Meisterschaft im Sack - mit Autocorso und jubelnden Fanmassen. Was sagt uns das? Dass in München die italienischeren Italiener leben als auf Sardinien?

Dass die Tifosi im Exil einfach die größeren Fans sind? Womöglich liegt es einfach an der Leopoldstraße, auf der sonst nicht viel Spannendes abgeht, die aber für ein spontanes Massenausflippen wie gemacht ist: Breite Bürgersteige, vier Autospuren und einen Haufen Fanabfüllstationen (vulgo: Kneipen) am Rand.

Am Samstag wird es hier wieder einen Aufmarsch geben. Sollten die Italiener wie immer gewinnen, kann man sich schon jetzt auf lautes Gehupe und röhrende Motoren freuen. Wenn die Deutschen gewinnen, hüpfen die Fans halbwegs gesittet den Boulevard entlang, grölen ein paar Lieder und fahren dann wieder mit der U-Bahn nach Hause. So war's zumindest nach dem WM-Sieg. Insofern kann man nur hoffen, dass es wie üblich ausgeht. Der Leopoldstraße tut etwas mehr südländische Gaudi immer gut.

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