Fußball-Arena:Die Heimschwäche nach dem Spiel

Das neue, viel bejubelte Stadion lässt die Emotionen wie im Hexenkessel hochkochen - auch in den Parkhäusern.

Christian Mayer

Muss man überhaupt noch ein Loblied singen auf das schönste, strahlendste und modernste Stadion in Deutschland? Haben die Politiker und Fußballmanager bei der Eröffnung der Allianz-Arena nicht schon genug gejubelt bei der einwöchigen Eröffnungsorgie im Mai?

Fußball-Arena: Nach dem Spiel gibt es kein schnelles Entkommen - es sei denn, der Fan ist mit der U-Bahn gekommen.

Nach dem Spiel gibt es kein schnelles Entkommen - es sei denn, der Fan ist mit der U-Bahn gekommen.

(Foto: Foto: dpa)

Und doch, man muss es sieben Monate nach dem offiziellen Einweihungsspiel zwischen der Fußballnationalmannschaft und dem FC Bayern - die Bayern siegten standesgemäß mit 4:2 - noch einmal konstatieren: Das 340 Millionen Euro teure Stadion der Architekten Herzog & De Meuron ist ein beinahe idealer Hexenkessel, in dem Emotionen hochkochen.

Für die beiden Vereine FC Bayern und TSV 1860 München fällt die Bilanz in der Allianz-Arena, die bei der Fußball-WM 2006 einen sponsorenfreien Namen annehmen muss, höchst unterschiedlich aus. Während die Bayern in der Bundesliga eine makellose Heimbilanz vorweisen können (24 Punkte aus acht Spielen) und in der Champions League erfolgreich waren, stellten sich die Löwen in der zweiten Liga oft genug selbst ein Bein und verloren vier Mal zuhause.

Aber selbst die rätselhafte Heimschwäche des kleineren Stadionpartners hat die Begeisterung der Münchner nur wenig gedämpft. Längst ist die quälend lange Debatte um den Stadionstandort vergessen, die Causa Wildmoser verdrängt, das Olympiastadion Fußballgeschichte.

Dritte Halbzeit folgt im Parkhaus

Die neue Arena ist eine touristische Attraktion - täglich werden Scharen von Architekturfreunden und ehrfürchtigen Fans durch die verwinkelten Gänge der sieben Ebenen geschleust. Auch wenn die 1056 Leuchtkissen nicht eingeschaltet sind, finden im Inneren des Riesenschlauches zahlreiche Veranstaltungen statt: Kongresse, Tagungen, Pressekonferenzen und Produktpräsentationen.

Wenn in München am 9. Juni 2006 Deutschland und Ecuador das Eröffnungsspiel der WM bestreiten, dann wird der Hype um die Arena sicher einen neuen Höhepunkt erreichen - die bizarre Eröffnungsgala im Mai mit dem Sänger Seal, dem überschwänglichen Thomas Gottschalk, halbnackten Modellathleten und der nicht gerade textsicheren Nationalsängerin Sarah Connor war nur ein Vorgeschmack auf die große Show, die man im Sommer erwarten darf.

Schade nur, dass automobile Fußballfans nach gutbesuchten Spielen stets noch eine dritte Halbzeit einlegen müssen - die dauert dann bis zu zweieinhalb Stunden und findet überwiegend rund um die Parkhäuser statt: als nerviger Dauerstau, der sich als fester Bestandteil ins Fußball-Rahmenprogramm eingeschlichen hat und dort, glaubt man den Behörden, auch bleiben wird.

Demgegenüber absolvierte die U-Bahn die neue Herausforderung mit Bravour. Davor aber mussten auch MVV-Fans einiges erdulden: Der stadiontaugliche Ausbau der Linie U6 erweiterte das Repertoire an Betriebsstörungen ganz erheblich.

Großprofiteur des Stadions ist übrigens auch der Berufs- und Urlaubsverkehr. Zwar wäre der fällige Ausbau der Nürnberger Autobahn ohnehin irgendwann gekommen - die Horrorvision von der zugestauten WM-Arena hat das Ganze aber doch erheblich beschleunigt.

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