Fürstenried:Heftiger Gegenwind

Fürstenried: Die Sprecher der Initiative: Christoph Söllner (links) und Robert Rimoczi.

Die Sprecher der Initiative: Christoph Söllner (links) und Robert Rimoczi.

(Foto: privat)

Die Bürgerinitiative "Pro Fürstenried" wehrt sich gegen die Nachverdichtung. Im Bereich Appenzeller Straße/ Bellinzonastraße strebt die Bayerische Versorgungskammer den Bau von 600 weiteren Wohnungen an

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Die Bayerische Versorgungskammer, die mit städtischer Unterstützung eine Nachverdichtung um etwa 600 Wohnungen in Fürstenried West anstrebt, muss mit Gegenwind rechnen. Denn vor wenigen Tagen hat sich die Bürgerinitiative "Pro Fürstenried" formiert, deren Initiatoren und Sprecher über die "unerwartet große Resonanz" beim Sammeln von Unterschriften und Anwohnerkommentaren nur so staunen.

Tatsächlich können sie einen ganzen Stapel solcher Listen vorweisen. Die Leute aus dem Zielgebiet der Planung - der Schwerpunkt liegt im Bereich der Appenzeller Straße und der Bellinzonastraße - würden den Verdacht nicht los, dass über ihre Köpfe hinweg ein Projekt mit unverträglichen Dimensionen forciert wird, sagt Christoph Söllner, einer der "Pro Fürstenried"-Gründer. Sein Mitstreiter Robert Rimoczi sekundiert: "Was wir hier brauchen, ist qualitatives, nicht quantitatives Wachstum." Zugleich erinnert er daran, dass die letzte Nachverdichtung erst ein paar Jahre zurückliegt: "Bei den damaligen Aufstockungen ging unsere einzige Einkaufsmöglichkeit in der Nähe verloren, dafür hatten einige dann mehr Schatten als Sonne."

Bisher schon habe die Infrastruktur mit der Einwohnerentwicklung in Fürstenried West nicht Schritt gehalten, beklagt die Bürgerinitiative. Vor allem fehle es an Spiel- und Kita-Plätzen, ebenso an Einkaufsmöglichkeiten und einer Gaststätte.

Unter diesen Vorzeichen sei eine weitere Zunahme der Einwohnerzahl im Stadtteil um etwa 40 Prozent unzumutbar, betont Rimoczi. Was sei das für eine Stadtentwicklung, die statt zu Verbesserungen zu Verschlechterungen der Wohnqualität führe? Viele Fürstenrieder lebten wie er seit zehn oder mehr Jahren im Westen der Trabantenstadt und empfänden es als Zumutung, wenn sich plötzlich die Voraussetzungen, "die Spielregeln", gravierend verändern würden. Und damit obendrein den Schwund der letzten Grünflächen zum Resultat hätten. "Der Stadtrat sollte sich nicht täuschen, wir sind ein aktives Viertel, das seine Zukunft mitgestalten will", sagt Christoph Söllner.

Man werde sehr genau verfolgen, wer in Sachen Nachverdichtung welche Haltung an den Tag legt, ergänzt Rimoczi. Beide fordern von den gewählten Bürgervertretern ein klares Bekenntnis, "primär die Interessen der Bewohner zu verfolgen und nicht die von Investoren". In Fürstenried West hätten die Planer ihre Hausaufgaben bisher schon unbefriedigend erledigt: "Wie wollen sie da einen Zuwachs um 600 Wohnungen bewältigen?"

Vor allem verlangt "Pro Fürstenried" volle Transparenz bei der weiteren Planung, "genaue Auskünfte über das Nachverdichtungskonzept". Bisher wisse man weder, wo neu gebaut wird, noch welche Gebäude aufgestockt werden sollen. Noch ehe ein Bebauungsplan aufgestellt wird, könne es laut Söllner nur eines geben: "Die Stadtvertreter müssen sich mit uns Bürgern zusammensetzen und ergebnisoffen diskutieren." In diesem Zusammenhang kritisiert er auch die Bayerische Versorgungskammer. Dieser Dachverband von fünf berufsständischen und kommunalen Versorgungswerken hat unlängst seine Mieter von den Expansionsplänen unterrichtet und weitere Informationen angekündigt.

Auch sollten die Bewohner aus der Gegend um die Appenzeller Straße mal ihre Sichtweise darlegen können - "von Mitsprache aber keine Spur", ärgert sich Söllner. Nach Voruntersuchungen des Referates für Stadtplanung und Bauordnung könnten die Bayerische Versorgungskammer und ein kleinerer privater Investor in der 13,5 Hektar großen, in den Sechzigerjahren entstandenen Siedlung durch Aufstockungen, Neu- und Anbauten rund 600 Wohnungen errichten.

Schon im Bezirksausschuss Thalkirchen-Obersendling-Fürstenried-Forstenried-Solln wurde unlängst die Vermutung geäußert, dass es dabei möglicherweise nicht bleiben wird und die Zahl "wie üblich" noch ansteige, eventuell sogar auf mehr als 700 Einheiten. Eben dies befürchtet auch die Bürgerinitiative "Pro Fürstenried". Sie will als nächstes an Münchens Kommunalpolitiker appellieren, ihre Bedenken ernst zu nehmen und mit ihr in einen Dialog einzutreten.

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