Fürstenried:Alles dreht sich um den Verkehr

Fürstenried: Dauerthema: Staus in Forstenried kosten Nerven.

Dauerthema: Staus in Forstenried kosten Nerven.

(Foto: Claus Schunk)

Bei der gut besuchten Bürgerversammlung für den 19. Stadtbezirk wird deutlich, dass die Menschen die geplante Nachverdichtung mit großer Sorge betrachten und die Natur im Viertel schützen wollen

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

- Einer Neuauflage des Workshops zur Nachverdichtung in Fürstenried-West glich phasenweise die Bürgerversammlung für den Stadtbezirk 19. Nur dass die Sprecher und Anhänger der Bürgerinitiative Pro Fürstenried diesmal schärfere Instrumente auspackten als nur harmlose Anfragen. Der Versammlungsleiterin, Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), wurden Listen mit mehr als 300 Unterschriften überreicht; sie sollten das Ziel bekräftigen, die Vorfestlegung auf eine Zahl von 600 zusätzlichen Wohnungen an der Appenzeller Straße und der Bellinzonastraße beim Architektenwettbewerb rückgängig zu machen sowie die vorhandenen Grünflächen zu sichern. Mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde ein ganzer Katalog von Ergänzungsanträgen zum einschlägigen Stadtratsbeschluss, den die Initiativensprecher Andreas Art, Christoph Söllner und Robert Rimoczi präsentierten.

Der zweite große Themenblock des Abends im restlos überfüllten Bürgersaal des Stadtteilzentrums Fürstenried-Ost gehörte dem Klassiker - dem Verkehr. Auch hier hakte die Bürgerinitiative Pro Fürstenried ein. Die Nachverdichtung müsse "mit Maß und Ziel" erfolgen. Wenn eine Ertüchtigung der bedeutsamen Verkehrsadern Neurieder Straße und Graubündener Straße nicht möglich sei, müsse dies "als limitierender Faktor" bei der Anzahl neuer Wohnungen berücksichtigt werden. Gefordert werden zudem ein "Festschreiben des Stellplatzschlüssels von mindestens 1,0", eine gut erreichbare Nahversorgung, eine Taktverdichtung der U-Bahn sowie korrekte Abstandsflächen. Mit einem dicken Ausrufezeichen versehen ist der Wunsch nach Erhalt der Frei- und Grünflächen inklusive alter Bäume, Hecken und sonstiger Biotope. Die Naturschützerin Gisela Krupski hat hierzu eine Foto-Dokumentation erstellt, einsehbar auf der Website von Pro Fürstenried.

Keinen leichten Stand hatte bei der Bürgerversammlung Marion Wolfertshofer, leitende Baudirektorin im Planungsreferat. Begleitet von Unmutsäußerungen verteidigte sie den Kurs der Stadt und des Investors, der Bayerischen Versorgungskammer, das Maß der Nachverdichtung ohne die Einbeziehung der Anwohner vorzugeben. Explizit beklagt worden war dies vom Fürstenrieder Architekten Kurt Grünberger, verbunden mit dem Vorwurf an die Stadt, den Verlust einer gewachsenen Struktur billigend in Kauf zu nehmen.

Wolfertshofer verwies auf eine "Grundlagenermittlung" sowie eine "Baumassenstudie", die eine "Orientierungszahl" von 600 Wohneinheiten ergaben. Einen Großteil der Einwände der Bürgerinitiative nannte die Baudirektorin aber "berechtigt" und bot einen weiteren Dialog an, wenn konkrete Konzepte vorliegen. Ferner warb sie um Vertrauen in den Bauherrn: "Die Bayerische Versorgungskammer hat bestimmt kein Interesse an einer qualitativen Verschlechterung und negativen sozialen Entwicklungen im Viertel."

An überzeugenden Aussagen, in diesem Fall zum viel diskutierten Verkehrskonzept für den Stadtbezirk Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln, zeigte sich auch der Verein Verkehrsberuhigung München interessiert. Anke Sponer und andere Vorstandsmitglieder forderten stärkere Bemühungen um die Sicherheit von Kindern und Senioren sowie zur Eindämmung des Verkehrslärms und der Feinstaubbelastung. Überdies gelte es, die Bedeutung der Achse von Siemensallee über Lochhauser Straße zur Stäblistraße nach dem gescheiterten Stäblistraßen-Durchstich so herabzustufen, dass sie kein Magnet für den Schwerlastverkehr mehr ist.

Wie Christine Strobl mitteilte, sind zum Verkehrskonzept etwa 200 Vorschläge eingegangen, die zurzeit von der Stadtverwaltung geprüft würden. Ludwig Weidinger (CSU), Vorsitzender des Bezirksausschusses 19, gestand, nicht mehr an einen "großen Wurf" zu glauben. Man werde sich vielmehr mit "Detaillösungen" behelfen müssen, sagte er voraus. Zum Thema Verkehr hagelte es bei der Bürgerversammlung Anträge, die von den Pfosten entlang der Wilhelm-Leibl-Straße bis hin zur Sanierung der Haupttreppe zum S-Bahnhof Solln reichten und alle mehrheitlich befürwortet wurden.

Gute Nachrichten hielt Susanne Dittmaier, die Leiterin der Polizeiinspektion 29, für die Bürger bereit. In dem Stadtteil mit 93 000 Einwohnern existiere bis heute kein negativer "Hotspot", die Zahl der Straftaten sei im Vorjahr um 17 Prozent gesunken. "Insgesamt ist die Sicherheitslage in Ihrem Stadtbezirk sehr gut", attestierte Dittmaier. Intakt zu sein scheint auch das Verhältnis der Bürger zu ihrem Bezirksausschuss: Ein Antrag, dem BA "wegen Untätigkeit und Unfähigkeit", etwa bei der Eindämmung von Emissionen der Firma Renolit, die Selbstauflösung nahezulegen, wurde klar niedergestimmt.

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