Zukunft der S 4:Warten auf das Déjà-vu

S4-Ausbau

Wenn man das Gefühl hat, das gleiche Bild schon mal gesehen zu haben, sprechen Psychologen vom Déjà-vu.

(Foto: Günther Reger)

Nach dem Wechsel an der Spitze des Verkehrsministeriums ist es nur eine Frage der Zeit, bis längst bekannte Ankündigungen wieder zu hören sind.

Kolumne von Peter Bierl

Unter einem Déjà-vu-Erlebnis verstehen Psychologen das Gefühl, eine Situation schon einmal gesehen und erlebt zu haben. Früher meinte man, die Betroffenen hätten nicht alle Tassen im Schrank, heute weiß man, dass das fast jedem passieren kann. Die Ursachen sind vielfältig. Ein neurologischer Krampf oder eine synaptische Panne im Hirn oder eine Ablenkung können ein Déjà-vu-Erlebnis auslösen. Dann gibt es noch Spezialfälle, die zum Beispiel auftreten, wenn Politiker verkünden, jetzt sei der Ausbau der S 4 oder wenigstens die Planung mal wieder einen ganz entscheidenden Schritt vorangekommen. Oder wenn der Landtagsabgeordnete Reinhold Bocklet berichtet, er habe Verkehrsministerin Ilse Aigner sofort nach ihrer Amtseinführung darauf aufmerksam gemacht, dass Althegnenberg, Haspelmoor und Mammendorf dringend einen Stundentakt an ihren Bahnhöfen brauchen.

Aigner hat nach der Kabinettsumbildung die Verantwortung für die Bahn von Innenminister Joachim Herrmann übernommen. Der wiederum hatte die Kompetenz für Verkehr bei der vorletzten bayerischen Kabinettsumbildung anno 2013 vom Wirtschaftsministerium ergattert. Die zuständigen Beamten sind sowieso immer die gleichen. Voller Tatendrang verkündete Herrmann ein halbes Jahr später, ein dreigleisiger Ausbau der S 4 bis Eichenau statt Buchenau sei genug und werde nun aber zügig geplant. Anfang 2016 tönte Herrmann, er werde sich dafür einsetzen, dass die Planfeststellung bis Ende 2017 beantragt werden kann. Im Herbst 2017 hatte die Bahn AG dann gerade mal die Vorplanung ausgeschrieben.

Nun also wird die neue bayerische Verkehrsministerin Ilse Aigner Tatkraft mimen. Sobald sie sich eingelebt hat, könnte sie CSU-Honoratioren und Journalisten zu einer Fahrt mit der S-Bahn einladen, überrascht und überraschend feststellen, dass es im Berufsverkehr proppenvoll ist, und deshalb der zweieinhalbgleisige Ausbau bis Aubing sofort so energisch wie möglich vorangetrieben werden muss. Und der Landtagsabgeordnete wird hinterher feststellen, dass dank seines Einsatzes mal wieder eine wichtige Hürde überwunden sei.

In solchen Fällen sprechen Experten von einem realen Déjà-vu. Da helfen weder Psychologen noch Klapsmühle, auch wenn sich das Gefühl einstellt, verschaukelt zu werden, sondern nur die Erkenntnis, dass in diesem Land die Auto-Industrie sagt, was Sache ist. Die Verkehrswende muss bis nach der Klimakatastrophe warten.

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