Zu viele Fragen offen:Digitalfunk kommt nicht voran

Rettungszweckverband verlangt Aufklärung über gesundheitliche Risiken und technische Probleme.

Erich C. Setzwein

Das Projekt Digitalfunk für Behörden und Rettungsdienste in Bayern kommt nicht so recht voran, und das liegt an den vielen offenen Fragen zu Gesundheitsrisiken und Technik. Fragen, die auch der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Fürstenfeldbruck an die Staatsregierung stellt. Auf der Verbandsversammlung am Freitag in Fürstenfeldbruck wurde deshalb auf Antrag des Landkreises Starnberg beschlossen, die Antworten abzuwarten und danach erst über einen Probebetrieb zu entscheiden. Auch wenn der Starnberger Kreisrat Peter Unger (Grüne) von einigen der Verbandsräten aus den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Starnberg, Dachau und Landsberg Kopfschütteln für seine kritischen Anmerkungen zum Digitalfunk erntete, so vertrat Unger doch eine inzwischen stärker werdende Ablehnung des digitalen Behördenfunks. Ungers Bedenken richteten sich dabei weniger auf die angeblich unausgereifte Technologie, die hinter dem Neuaufbau des Funknetzes steht, sondern mehr auf die möglichen Gesundheitsgefahren, die sich durch den Betrieb ergeben. Dabei kommen laut Unger die Kritiker schon längst nicht nur mehr aus dem Lager der klassischen Mobilfunkgegner, sondern vielmehr aus Polizeigewerkschaften und Institutionen, die tagtäglich mit dem neuen Funk umgehen sollen. Sie würden vor der Einführung warnen und sich dabei auf etliche Studien berufen, sagte Unger. So gebe es mittlerweile Langzeiterfahrungen bei der englischen Polizei. Dort war der Digitalfunk im Jahr 2000 eingeführt worden, die meisten Polizisten dort tragen die Funkgeräte bei sich - mit nicht unerheblichen Risiken, wie erste Untersuchungen gezeigt hätten. Wie die deutsche Polizeigewerkschaft dazu ergänzend mitteilt, hätten Beamte unter verschiedenen Symptomen gelitten, wie etwa Hautausschläge, Schlafstörungen, Depressionen oder Konzentrationsschwäche. All dies genügt dem Starnberger Kreisrat, um "schnellstmöglich einen gesundheitsunschädlichen Standard" zu fordern. Für Zweckverbandsmitglied Unger sind solche Berichte allein schon ein Grund, genauer hinzusehen. Er erwähnte, dass der Freistaat Bayern eine Studie zu gesundheitlichen Auswirkungen der Digitalfunkstrahlung in Auftrag gegeben habe. Die Ergebnisse seien für 2013 angekündigt worden - "wenn alles aufgebaut ist", kritisierte Unger. Laut Unger ist "alles vage" und zumindest für ihn noch nicht entscheidungsreif. Dass es weiteren Klärungsbedarf gibt, das sieht auch der Starnberger Landrat Karl Roth (CSU) so. Er sagte der SZ, dass die Verbandsversammlung ein Recht darauf habe, alle Antworten zu bekommen, um dann zu entscheiden, ob man die Aufnahme des Probebetriebs empfehlen soll. Auch dieses Votum bedeutet noch nicht, dass neue Sendemasten installiert werden. Erst müssen noch die Kreistage der Zweckverbandslandkreise zustimmen. Und da kommen jeweils hohe Kosten auf die Kommunen zu. Dazu zählt im Voraus bereits die neue Stelle eines Leiters für das Projekt, dessen Gehalt vom Zweckverband bezahlt wird. Außerdem muss die Integrierte Leitstelle in Fürstenfeldbruck, in der alle Rettungseinsätze koordiniert werden, technisch für den Digitalfunk vorbereitet werden. Auch wenn der Freistaat Geld dazugibt, wird allein die benötigte Summe auf 1,6 Millionen Euro geschätzt. Die Ausgaben werden auf die vier Landkreise umgelegt. Die Städte und Gemeinden sind dann finanziell gefragt, wenn es um die neue Funk-Ausstattung ihrer Feuerwehren geht. Dafür sind die Kosten noch nicht bekannt.

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