Zeugnisübergabe in Puchheim:Die Könige von morgen

Zeugnisübergabe in Puchheim: 102 Schülern haben in Puchheim das Abitur bestanden. Bei aller Freude über das Erreichte, werden die jungen Erwachsenen von Bürgermeister Norbert Seidl aber auch an ihre Verantwortung für die Gesellschaft erinnert.

102 Schülern haben in Puchheim das Abitur bestanden. Bei aller Freude über das Erreichte, werden die jungen Erwachsenen von Bürgermeister Norbert Seidl aber auch an ihre Verantwortung für die Gesellschaft erinnert.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Trotz der Herausforderungen und Pflichten, die bald auf sie zukommen, herrscht bei den Puchheimer Absolventen beste Stimmung

Von Lena von Holt, Puchheim

"Abitur" stammt vom lateinischen Wort "abire", was soviel heißt wie weggehen oder abreisen. In dem Moment, in dem die Abiturienten des Gymnasiums Puchheim am Freitagvormittag ihre Zeugnisse in den Händen halten, lassen sie nicht nur ihre Schule, sondern einen ganzen Lebensabschnitt hinter sich. Ein Beamer wirft Klassenfotos an die kahlen weißen Wände der Schulaula. Die 102 Abiturienten tragen Anzüge und Kleider und fächern sich mit Programmflyern Luft zu, während Schulleiter Georg Baptist ihnen zum bestandenen Abitur gratuliert. Zusätzlich zum klassischen Abiturstress kam auf sie eine weitere Belastung zu: Seit Anfang des Schuljahres lebten Geflüchtete in ihrer Turnhalle, weshalb der Sportunterricht nach Aubing und Gröbenzell verlegt werden musste. Dass sich die Abiturienten dadurch weniger intensiv auf ihre Prüfung vorbereiten konnten, wurde bei der Vergabe der Noten berücksichtigt.

Die Flüchtlingskrise ist nur eine von vielen Veränderungen, die für eine sich schnell wandelnde Welt stehen. Den Abiturienten steht eine Zukunft bevor, die nur schwer vorherzusagen ist und die von ihnen verlangt, Verantwortung zu übernehmen - sowohl für sich selbst, als auch für die Gesellschaft. Doch statt sich vom Blick in die Zukunft verängstigen zu lassen, schauen die Absolventen voller Optimismus und Selbstvertrauen nach vorn. Zumindest deutet darauf ihr Abimotto hin: "Hakuna Matabi - ohne Sorgen die Könige von morgen". Die Abiturienten haben sich der Lebensphilosophie eines Erdmännchens und eines Warzenschweines aus dem Film "Der König der Löwen" verschrieben.

Auch Bürgermeister Norbert Seidl wollte den jungen Menschen noch eine Weisheit mit auf den Lebensweg geben. Zu seiner Schulzeit habe ihn das Buch "Berlin Alexanderplatz" von Alfred Döblin geprägt. Es erzählt die Geschichte von Franz Biberkopf, "eines kleinen Mannes", der versucht, ein anständiges Leben zu führen. Doch Biberkopf landet auf der schiefen Bahn. Im Stich gelassen von Staat und Gesellschaft endet er in einer Irrenanstalt. "Man hätte ihm helfen können", findet Seidl. Er fordert die Abiturienten deshalb dazu auf, die "Bieberköpfe unserer Zeit", also diejenigen, die in unserer Gesellschaft zurückgelassen werden, nicht zu vergessen. Denn anders als die Abiturienten, die sich auf der Sonnenseite des Lebens befinden, stünden jenen Menschen nicht alle Türen offen. Obwohl es ein fröhlicher Tag für die Absolventen ist, scheut er also nicht davor zurück, ihnen auch ihre neuen Pflichten in der Gesellschaft vor Augen zu führen. Aus aktuellem Anlass, wegen des Brexit, ist ihm eine Botschaft besonders wichtig: "Passen Sie auf das wunderbare Europa auf!"

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