Werbung für Amerika:Von Olching nach Havanna

Der US-Generalkonsul in München, Conrad Tribble, begeistert bei seinem Besuch in Olching Hauptschüler für sein Heimatland. Bald geht er nach Kuba.

Erich C. Setzwein

Amerika, das Land der Freiheit mit endloser Weite? Nur wenig wird offenbar darüber in den Hauptschulen vermittelt. Gerade einmal ein paar Sätze im Englischunterricht oder in Geschichte werden erwähnt, sagen Schüler. Alles andere müssen sie selbst entdecken, wenn sie nicht, wie am Dienstag 25 Schüler der Olchinger Hauptschule, mit einem echten Amerikaner zusammengebracht werden. Dabei sind die Zehn- bis Vierzehnjährigen im doppelten Sinn auf den Geschmack gekommen, als sie in der Kulturwerkstatt am Olchinger Mühlbach (Kom) nicht nur mit dem US-Generalkonsul in München, Conrad Tribble, über Amerika, die Amerikaner und ihn persönlich sprachen, sondern mit ihm auch Hamburger nach Olchinger Art und Hähnchenschenkel mit scharfer Soße verdrückten. Am Ende der mehr als zweistündigen Veranstaltung im Rahmen des "Meet us"-Projekts des US-Außenministeriums waren die Schüler vom Generalkonsul begeistert und ebenso war es Tribble von den Schülern, bei denen er Interesse für sein Land wecken konnte.

Für den gebürtigen Kalifornier, der sein bisheriges Berufsleben im diplomatischen Dienst von Haiti bis Bali und von Washington bis Bagdad verbracht hat, gehört das Zusammentreffen mit Schülern zum Standardprogramm. In Bayern war der persönliche Austausch mit Schülern einer seiner letzten, soll er doch in Kürze die diplomatische Vertretung der USA auf Kuba übernehmen. Keine einfache Mission in dem sozialistischen Land in der Karibik, doch scheint Tribble politisch und organisatorisch bereits bestens auf seine Versetzung eingestellt zu sein. Von "Weißwurst und Weißbier ganz früh" in München und seinem geliebten norddeutschen Butterkuchen wird er nach vier Jahren Dienst in Deutschland Abschied nehmen müssen. Tribbles Lieblingsspeisen in Deutschland interessierten die Schüler der fünften bis achten Klassen genauso brennend wie die Antwort auf die Frage, wo sich Tribble am 11. September 2001 zur Zeit der Terroranschläge befand und was er dachte. Bei dieser Antwort wirkte der 48-Jährige angespannt, da merkten auch die Kinder im großen Saal des Kom, dass sie ein sehr persönliches Thema angeschnitten hatten. Tribble erzählte, dass er zu der Zeit gerade im Außenministerium tätig war und plötzlich Augenzeuge des Flugzeugabsturzes auf das nahe Verteidigungsministerium wurde: "Das war ein Schock, ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann."

Auch mit diesem ernsten Thema schien der US-Generalkonsul bei den Schülern zu punkten. Er hatte das Eis einer solch offiziösen Veranstaltung mit Bürgermeister, Presse und Eintrag ins goldene Buch der Stadt ohnehin schon zu Beginn schnell gebrochen, als er eigenhändig das Rednerpult nach hinten schob, um erst gar keine formelle Atmosphäre aufkommen zu lassen. Mit seinem Deutsch, das er seit seinem ersten Deutschlandbesuch 1979 als Schüler zu lernen begann und bis heute perfektionierte, nahm Tribble den Schülern sofort die Hemmungen, in seiner Muttersprache mit ihm reden zu müssen. "Ich kann aber auch Englisch", scherzte er. Als Vater von vier Kindern, das jüngste kommt gerade in den Kindergarten, machte er den Eindruck, locker mit den Schülern umgehen zu können. Er zeigte sich besonders erfreut, dass nach seiner nur fünfminütigen Einführung prompt die ersten Fragen kamen. Klar, dass zuerst gefragt wurde, ob er als einer von fünf Repräsentanten der Vereinigten Staaten in Deutschland den US-Präsidenten Barack Obama persönlich kenne. Nein, so Tribble, den habe er noch nicht kennengelernt, er hoffe aber, dass sich das noch ergebe. Aber den früheren Präsidenten Bill Clinton traf er schon und auch Ronald Reagan, als der noch nicht Präsident war. Und dann kennt er natürlich US-Außenministerin Hillary Clinton - Bills Frau und Tribbles Chefin. Mehr als eine Stunde folgten Fragen, wie etwa nach der Wiederwahlchance von Obama, warum so viele Amerikaner so große Autos fahren und wie die Zugverbindungen in den USA sind. Die meisten Fragen drehten sich aber um das, was Schülern vor allem interessiert: die Schule. Und so lernten sie in dieser ungewöhnlichen Unterrichtsstunde, welche Schularten es in den USA gibt, dass zwölf Schuljahre eigentlich Pflicht sind, dass es das duale Ausbildungssystem nicht gebe und deshalb auch nichts Vergleichbares mit der Lehre in Deutschland, die man aber in dieser Form in Amerika doch gerne hätte. Neugierig waren die Hauptschüler auch, welches Lieblingsfach Tribble als Schüler hatte. "Ich habe immer gern Mathe gemacht", sagte der Mann, der nebenbei gerne in Chören singt und zeitweilig Gitarrist in einer Münchner Amateurband ist, "doch Geschichte hat mich immer mehr interessiert, sodass ich sie auch studiert habe. Nächste Frage!"

Benni und Flo, jeweils 14 Jahre alt, aus der Klasse 8 a waren ziemlich überrascht, wie locker Tribble auf sie zuging. "Ich hätte gedacht, er wäre strenger, so wie ein Lehrer", sagte Benni hernach und Flo befand, dass "der Konsul gut rübergekommen" sei. Vor den Pfingstferien waren die Schüler auf das Treffen vorbereitet worden. Es war keine Pflichtveranstaltung für ganze Klassen, wer sich interessierte, durfte sich Fragen einfallen lassen und mitmachen. Vom Gymnasium Olching, deren Schüler ebenfalls hätten teilnehmen sollen, wurde die Teilnahme wegen einer anderen, eigenen Veranstaltung abgesagt, wie von Bürgermeister Andreas Magg zu erfahren war.

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