Weihnachtsoratorium:Berührende Innigkeit

Konzert Eichenau

Eine "romantische Weihnacht" bietet der neue Eichenauer Kirchenmusiker Lorenz Höß bei seinem ersten Konzert mit dem Chor der Schutzengelkirche und Solisten von der Münchner Musikhochschule.

(Foto: Günther Reger)

Mit seinem ersten Konzert löst der neue Eichenauer Kirchenmusiker Lorenz Höß trampelnde Begeisterung im Publikum aus

Von Klaus Mohr, Eichenau

Welche Erklärung kann es dafür geben, dass die Besucher des Konzerts am zweiten Weihnachtsfeiertag in der Schutzengelkirche am Ende nicht nur begeistert applaudierten, sondern sogar trampelten? Zunächst ist davon auszugehen, dass dem Publikum das Konzert sehr gut gefallen hat. Es könnte auch sein, dass die Zuhörer von der Interpretation der Musik berührt waren. Dafür bot der Abend unter der Überschrift "Romantische Weihnacht" in der fast voll besetzten Kirche einige Anhaltspunkte: Die Tempi waren durchwegs stimmig und die Koordination der Orgel auf der Empore mit Chor und Orchester im Altarraum klappte mühelos. Die Bemerkung einer Zuhörerin beim Hinausgehen, dass sie Geigen noch nie so rein habe spielen hören, mag ein Indiz für den Gesamteindruck sein, wie ihn viele wahrgenommen haben.

In dieser Veranstaltung stellte sich der neue Kirchenmusiker der Schutzengelkirche, Lorenz Höß, zum ersten Mal dem Publikum mit dem Kirchenchor im Konzert vor. Mit dem Chor musizierte ein Orchester, das hauptsächlich aus Absolventen und Studierenden der Münchner Musikhochschule bestand. Als Solisten waren Anna-Lena Elbert (Sopran), Katherine Sandmeier (Mezzosopran), Veronika Sammer (Alt), Eric Price (Tenor), Niklas Mallmann (Bariton), Anna Augenstein (Harfe) und Christopher Steinbügl (Orgel) zu hören. Das Programm verzeichnete zwei Hauptwerke, nämlich zunächst die Suite für Orgel und Streicher von Ottorino Repighi und anschließend das "Oratorio de Noël" op. 12 von Camille Saint-Saëns.

Im "Weihnachtsoratorium" verzichtet Saint-Saëns ganz auf theatralische Effekte, wie sie die französische Oper um die Mitte des 19. Jahrhunderts kennzeichnet. Er orientierte sich an der Aufführung im Gottesdienst und stellte damit die intime Situation der Geburt Jesu in den Mittelpunkt. Das wiegende Prélude zu Beginn unterstrich im weichen Zusammenwirken von Orgel und Streichern den pastoral-kammermusikalischen Charakter gut. Der darauf folgende Vortrag der Ausschnitte aus dem Lukas-Evangelium ist hier auf mehrere Solisten aufgeteilt. Die organische Schlichtheit, mit der die Sänger diese Rezitative zur sehr zurückhaltend-präsenten Orgelbegleitung vortrugen, legte die Differenziertheit der Interpretation auch für die folgenden Nummern offen.

Überzeugend verdichtete sich der Klang im "Quare fremerunt gentes", denn das Tutti aus Chor und Orchester führte zu einer ganz festlich-prachtvollen Klangwirkung. Wie in barocker Tradition mischte sich in den homophonen Satz mitunter eine polyphone Weite, wodurch veritable Spannungsbögen entstanden, die auch dynamisch unterfüttert waren. Bezaubernd wirkte das Trio für Sopran, Tenor und Bariton "Tecum principium", denn hier verband sich die an der Linie orientierte Tongebung der Solisten mit den filigranen Arpeggien der Harfe zu einem wunderbar geschmeidigen Klangeindruck.

Respighis ein halbes Jahrhundert nach Saint-Saëns' Oratorium entstandene Suite für Orgel und Streicher bereitete diesem den klanglichen Boden: Das kurze Preludio kontrastierte den durch den überaus klaren Schlag des Dirigenten absolut präzisen, quirligen Verlauf mit Dialogphasen zwischen Orgel und Streichern. Die langsam schwingende Aria lebte vom ausdrucksstarken Spiel des Orchesters, aus dem quasi der Orgelpart herauswuchs. Durch die nahtlosen Anschlüsse entwickelte sich ein süffiger, von großer Intensität getragener Klang. Girlanden der Streicher legten sich um die choralartigen Klänge der Orgel in der Pastorale, während das abschließende Cantico dem Hörer eine modale Klangwelt erschloss.

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