Vortrag:Attacke auf die Klimaforschung

Puchheim: CSU - Vortrag / Klimawandel-Leugner

Seine Sicht der Dinge auf die Entwicklung des Weltklimas durfte Klaus Ermecke beim Jahresempfang der Puchheim CSU vortragen.

(Foto: Johannes Simon)

Diplomkaufmann Klaus Ermecke erklärt bei der Puchheimer CSU, warum der Treibhauseffekt physikalisch unmöglich sei. Er erntet nur wenig Widerspruch

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Erde ist ein Rohstoffball, den wir bedenkenlos ausbeuten können, und wir haben gerade mal die Kruste angekratzt. Die Angst vor den Folgen eines Klimawandels ist unbegründet. Sie resultiert aus einer groß angelegten und flächendeckenden Manipulation, die im Kindergarten anfängt, denn den Treibhauseffekt gibt es gar nicht. Was uns wirklich bedroht, ist ein "grüner Obrigkeitsstaat". So etwa lauten die Thesen, die der Diplomkaufmann Klaus Ermecke auf einer Veranstaltung der CSU unter dem Titel "Öko-Kult: Opfern wir dafür unsere Zivilisation?" im Puchheimer Kulturzentrum Puc präsentierte.

Etwa 30 Zuhörer waren gekommen, von denen einige dem Referenten mit Fragen zusetzten. Nicht so das halbe Dutzend CSU-Stadträte, unter ihnen Ramona Weiß, die stellvertretende Vorsitzende des Energiewende Vereins Ziel 21. Sie schwiegen, mit Ausnahme von Altbürgermeister Erich Pürkner, der ein paar Mal kritisch nachhakte und darauf beharrte, dass es einen Klimawandel gibt, der zum Teil menschengemacht ist.

Das Projekt Geothermie trägt die CSU im Stadtrat seit vielen Jahren mit. Aber keiner mochte sich zu dessen Verteidigung aufraffen. Niemand widersprach, selbst als Ermecke behauptete, die Straßen würden dafür aufgerissen, um Leitungen für Fernwärme zu verlegen. Ermecke leicht in Erfahrung bringen können, dass ein solches Netz in Puchheim bereits existiert. Die zentrale These von Ermecke lautet, eine Gruppe von Menschen würde "Mega-Ängste" schüren, in dem sie vor Klimakatastrophen, Radioaktivität, Artensterben oder Giften in der Luft und im Wasser warnen. Für ihn ist das Humbug mit dem Ziel, zentrale Errungenschaften unserer Zivilisation wie das Auto madig zu machen. Wie immer bei solchen Denkfiguren bleibt unklar, wer die Drahtzieher sind, aus welchen Motiven sie handeln und wie sie es schaffen, so viele Menschen für ihre Zwecke einzuspannen und zu überzeugen. Einmal werden auf einer Power-Point-Folie ominöse Retter vor dem Klimawandel genannt, denen es um Geld und Macht ginge. Dann behauptet Ermecke, hinter der Aufregung um Stickoxide und Fahrverbote stecke "ein ideologischer Feldzug" gegen das Dieselauto und mithilfe von Grenzwerten wolle die EU-Kommission bloß den Deutschen Geld aus der Tasche zu ziehen.

Seine Attacke auf die Klimaforschung startet Ermecke mit der Behauptung, diese habe noch nicht einmal den Begriff Klimawandel definiert, um sich vor Kritik abzuschirmen. Tatsächlich schreiben Hans Joachim Schellnhuber und Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimaforschung, wenn die von der Erde abgestrahlte Wärme die absorbierte Sonnenstrahlung im Mittel nicht ausgleiche, ändere sich das Klima. Vor diesem Hintergrund beschreiben die zwei renommierten Klimaforscher den Klimawandel auf der Erde über Jahrmillionen hinweg, darunter etliche abrupte Wechsel, bis hin zum Holozän, der vergleichsweise stabilen Klimaperiode, die vor 10 000 Jahren einsetzte.

Das "Killerargument" gegen das "CO₂-Dogma" ist laut Ermecke, dass es den Treibhauseffekt überhaupt nicht gibt. Sonneneinstrahlung ist für ihn gleich Erdabstrahlung. Kommen mehr Strahlen an, werden eben mehr von der Erdoberfläche reflektiert. Der von Rahmstorf und Schellnhuber beschriebene Ausgleich findet laut Ermecke einfach immer statt. Er lässt aus, dass die Atmosphäre einen Teil der Erdabstrahlung wieder zurückwirft und dieser Anteil mit dem der Treibhausgase wächst. Seine Power-Point-Folie zeigt eine Schäfchenwolke, die so über der Erde steht, dass sie der Abstrahlung nicht im Weg steht.

Stattdessen behauptet Ermecke, die Temperatur steige, wenn der Himmel öfter blau ist, und sinke, wenn die Bewölkung zunimmt. Von 1987 bis 2000 sei es wärmer geworden, weil der Himmel öfter blau war, seitdem sei das Thermometer wegen der vielen Wolken gesunken. Diese Erkenntnis hat der Diplomkaufmann angeblich aus Zahlen der Nasa destilliert. Seinen Angaben zufolge werden diese Daten seit 2010 nicht mehr veröffentlicht, "aus Absicht", weil seine Schlussfolgerungen publik geworden seien. Ein Zuhörer wirft dem Referenten Verschwörungstheorien vor, ein anderer will wissen, wie sich der Referent erklärt, dass der durchschnittliche Temperaturanstieg in den vergangenen Jahren immer neue Rekordwerte erreicht.

Mit einem weiteren Punkt, den Ermecke an diesem Abend ausführt, trifft er tatsächlich fragwürdige Positionen. So widerspricht er zu Recht der Annahme, wichtige Rohstoffe seien demnächst erschöpft. Dann allerdings behauptet Ermecke, der Club of Rome habe in seiner berühmten Studie über die Grenzen des Wachstums von 1972 prognostiziert, einige Rohstoffe wären bis 1990 erschöpft. Auf Nachfrage kann Ermecke nicht angeben, wo das in der Studie stehen soll und welche Rohstoffe genannt wurden. "Es ist nicht in Bezug auf Öl und Gas", meint er schließlich, um dann in epischer Breite zu erklären, warum genug Öl vorhanden ist.

Im zweiten Kapitel ihrer Studie schrieben die Autoren des Club of Rome seinerzeit, Silber, Zink und Uran könnten "noch in diesem Jahrhundert knapp werden". In einer Tabelle auf den folgenden Seiten werden zusätzlich Gold, Blei, Quecksilber und Zinn angegeben. Für Kohle prognostizierten die Autoren damals 2300 Jahre bis zur Neige, für Öl nur 31 und für Erdgas 38 Jahre, allerdings immer ausdrücklich mit Bezug auf damals bekannte Vorkommen.

Eine Erschöpfung der Rohstoffe wird heute - etwa als "Peak Oil" - lediglich von der Degrowth-Abteilung der Umweltbewegung als zentrales Argument bemüht, insofern baut Ermecke einen Pappkameraden auf. Dagegen erklärte etwa Ottmar Edenhofer, Chefvolkswirt des Potsdamer Instituts für Klimaforschung, es gebe mehr als genug Vorräte an Öl, Kohle und Gas. Das heißt, über eine Verknappung und steigende Preise wird sich das Problem nicht lösen lassen.

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